GOMARINGEN. Ein bisschen abgeschaut ist die Idee zwar schon - aber in ihrer Ausführung nochmal verbessert und auf die Bedürfnisse der Besucher angepasst. Bei Edeka Möck in Gomaringen gibt es nun »freundliche Parkplätze« - also Parkplätze, auf denen Menschen, die nicht mehr gut laufen können, nah am Eingang parken dürfen - kostenlos und ohne extra Ausweis. »Ein Kollege hat mir vor einiger Zeit ein Foto aus England geschickt, als er altersfreundliche Parkplätze entdeckt hat«, erzählt Peter Föll, der die Idee damals gut fand. Zusammen mit Nicole Zimmermann ist Föll einer der zwei Beauftragten für Menschen mit Behinderungen in Gomaringen. Im vergangenen Jahr haben sich Ehrenamtlichen an die konkrete Umsetzung gemacht. Das Konzept ist dabei erweitert worden: Alle Menschen mit einer Gehbehinderung oder Schwierigkeiten mit der Mobilität dürfen die extra ausgewiesenen Parkplätze nutzen. »Freundliche Parkplätze« eben, wie sie offiziell heißen. Bislang sind sie beim Edeka Möck in der Robert-Bosch-Straße einzigartig: »Wir sind die ersten im Landkreis, die sowas haben«, sagt Zimmermann. »Silvia Pflumm, die Beauftragte für Menschen mit Behinderung im Landkreis Tübingen, ist von der Idee ganz begeistert.«
Jeder kann gebrechlich sein
Die Nutzung vom Alter unabhängig zu machen, war eine bewusste Entscheidung bei der Ausarbeitung des Konzeptes. »Auch junge Menschen können gebrechlich sein«, weiß Zimmermann. Und einen Ausweis zu bekommen, um offiziell die Behindertenparkplätze nutzen zu dürfen, das ist gar nicht so einfach, weiß Föll. Alternativen zu den bekannten Behindertenparkplätzen gebe es bislang nicht - mit Ausnahme in Gomaringen. Wie wichtig ein solches Angebot für den Einzelhandel sein kann, erklärt Föll am Beispiel seiner Cousine: »Wenn sie keinen passenden Platz finden kann, fährt sie weiter und sucht sich einen anderen Supermarkt.« Für das neuartige Parkkonzept haben die Behindertenbeauftragten bei Möck und Lidl nachgefragt, der Discounter habe sich nach einer anfänglichen Interessenbekundung aber nicht mehr zurückgemeldet.
Bei Möck war das anders. Verena Hertsch, die Geschäftsführerin, steht voll hinter den neuen Parkmöglichkeiten. »Durch meine Selbstständigkeit kann ich solche Konzepte gut umsetzen«, erklärt sie. Seit November sind nun drei zusammenhängende Stellplätze mit je einem speziellen Schild versehen, das auf die »freundlichen Parkplätze« hinweist. Verortet sind sie direkt neben der Parkbox für die Einkaufswägen, um die notwendigen Laufwege so kurz wie möglich zu halten. Ein Plakat an der Box weist Besucher auf das neue Parkkonzept hin, genauso wie ein Aufsteller im Eingangsbereich. Ein kleines Manko: »Leider wird die Fläche häufig nur als zwei Parkplätze wahrgenommen«, sagt Hertsch. Sie überlege daher, sich um farbliche Markierungen zu bemühen.
Mehrere barrierefreie Konzepte umgesetzt
Die Kosten für das Projekt trägt die Gemeinde. »Das Geld kommt vom Budget der Behindertenbeauftragten«, erklärt Zimmermann. Rund 750 Euro haben die Schilder gekostet - ein großer Anteil bei einem Gesamtbudget von 1.000 Euro. »Man darf nicht müde werden, bei solchen Aktionen mitzumachen«, sagt Hersch. Barrierefreiheit unterstütze sie grundsätzlich gerne. So beispielsweise das Konzept der »Stillen Zeit«, die täglich zwischen 14 und 16 Uhr umgesetzt wird. Dabei werden die Geräusche im Laden so weit es geht heruntergefahren: keine Durchsagen, keine piepsende Kasse, keine Musik. So sollen Menschen, die sensibel auf Lautstärke und Sinneseindrücke reagieren, entspannter einkaufen können. »Achtsam sein, aufeinander Rücksicht nehmen - das ist unsere Hoffnung«, so die Geschäftsführerin.
Gute Ideen sind gerne gesehen
Wer Ideen oder Vorschläge hat, wie die Barrierefreiheit in Gomaringen verbessert werden kann, darf sich gerne bei Nicole Zimmermann und Peter Föll melden, den Beauftragten für Menschen mit Behinderung. (pru)
Auch die »freundlichen Parkplätze« funktionieren nur, wenn man aufeinander Rücksicht nimmt. Grundsätzlich darf sie nämlich jeder nutzen, auch wenn man ganz beschwerdefrei seinen Alltag lebt. Laut Hersch sei eine soziale Kontrolle weder ohne Weiteres möglich, noch gewünscht: »Wir hoffen auf eine positive Haltung und appellieren an die Vernunft.« Bei den Kunden komme das Konzept bislang gut an. Karin Harsch, die aus Ohmenhausen zum Einkaufen kommt, erkennt den Sinn und Zweck der Sache: »Auch, wenn's da vorne besser gewesen wäre«, sagt sie und deutet auf die Parkplätze direkt neben dem Eingang. Ob sie denn keinen Einkaufswagen bräuchte? »Da hab' ich ja meinen Mann für.« (GEA)