GOMARINGEN. Beim Schälen einer verästelten Ingwerwurzel kam Steffen Marzin die Idee für den Namen. »Ich habe mir gedacht, ich komme doch zurück zu meinem Wurzeln, hier sind die Wurzeln meiner Karriere. Ich war schon überall, jetzt reicht's«, erklärt der 41-jährige Koch. »Roots« - was aus dem Englischen übersetzt »Wurzeln« bedeutet und im Angelsächsischen ein wenig flotter klingt - wird das Lokal heißen, das die Gomaringer zuletzt als den Alznauer Hof kannten. Nach dem Aus des Hotel-Restaurants vor zwei Jahren hat Marzin nun zusammen mit seiner Partnerin Nina Hübner vor rund einem Monat den Pachtvertrag unterschrieben. Wenn alles glattläuft und die letzten Vorbereitungen abgeschlossen sind, kehrt ab Februar des kommenden Jahres wieder Leben ein in die Gastro-Szene der Wiesaz-Gemeinde.
Marzin ist beileibe kein Neigschmeckter. Er ist hier aufgewachsen - seine Familie mütterlicherseits kommt aus Gomaringen -, hat beim SV Ohmenhausen gekickt und in den Räumen des Alznauer Hofs nahezu alle Familienfeste gefeiert. »Ich bin hier ein und aus gegangen. Sogar unsere Omas und Opas waren befreundet«, erzählt der 41-Jährige mit Blick auf seinen Vorgänger Christoph Alznauer. Während der Corona-Pandemie versorgte Marzin die Ohmenhausener mit seiner »Lunchbox« und bereitete die Mahlzeiten in der Küche des Hofs vor. Die Parkgaststätte des SV Ohmenhausen übernahm der Koch im Alter von 26 Jahren und machte sich so erstmals selbstständig. »Ich weiß, was der Schwabe gerne isst«, sagt Marzin und lacht. Er kennt die Region und die Menschen hier wie seine Westentasche.
Handwerk auf vielen Stationen gelernt
Sein Handwerk lernte er im Landhotel Hirsch in Bebenhausen und verfeinerte es weiter in Bempflingen, Reutlingen und Tübingen, wo er vier Jahre lang Küchenchef im Restaurant Rosenau war. Trotzdem zog es Marzin immer wieder in die Ferne. Auf den Kreuzfahrtschiffen des Reise-Riesen Aida stand er jahrelang in der Kombüse, auf der Expo in Dubai versorgte er bei sengender Hitze die Gäste im Baden-Württemberg Pavillon und beim Carrera Cup verköstigte er die Rennfahrer und Chefmechaniker von Porsche auf Rennstrecken in ganz Europa. An der Deutschen Hotel Akademie in Köln studierte Marzin »Food and Beverage Management« - parallel zu seiner Tätigkeit als Küchenchef im Hotel Olymp in Eching bei München. Küchen, Bars, Hotels - der 41-Jährige kennt sich in der Gastronomie bestens aus. Die Buchhaltung sowie die Leitung des Hotels, welches das Paar ebenfalls bewirtschaften wird, übernimmt die darin ausgebildete Hübner. »Wir sind komplett vom Fach«, fasst Marzin zusammen.
Es sei schon immer sein Plan gewesen, eines Tages in seiner Heimatregion wieder sesshaft zu werden. »Wir wollen eine deutsch-schwäbische Küche mit internationalem Einfluss anbieten«, erklärt der 41-Jährige. Dafür hat das Paar ein Konzept erarbeitet, das sich prinzipiell an alle wendet. »Hier im Thekenbereich wird's eine Wirtschaft geben: zünftiges Essen, Klassiker der schwäbischen Küche.« Hier soll man nach Feierabend bei einem Glas Bier, handgemachten Fleischküchle und einem echten schwäbischen Kartoffelsalat den Abend ausklingen lassen können.
Räume für Gesellschaften
Wer's hingegen ein wenig extravaganter und intimer haben will, kann auf den Nebenraum ausweichen: Dort plant Marzin einen Restaurant-Bereich mit wechselnder, saisonaler und gehobener Karte. »Hier kommt zusammen, was ich in den vergangenen 25 Jahren gelernt habe. Es wird schicker als die Wirtschaft, auch das Ambiente wird anders sein«, erklärt der Koch. Der Clou: beide Räume sind gleichzeitig geöffnet. Die Gäste können also frei wählen, was ihnen an dem Abend besser passt. Bis zu 120 Personen will das Paar mit dem Team bewirten können. »Das ist dann aber auch die Maximalgrenze«, so Marzin. In den warmen Monaten wolle er vor allem den angrenzenden Biergarten beleben.
Auch preislich wird es Unterschiede geben. »Jeder soll sich die Wirtschaft leisten können, aber unter 10 Euro ein anständiges und qualitativ hochwertiges Essen anzubieten, das wird schwer«, gibt der Koch zu. Tiefkühlkost komme ihm auf keinen Fall ins Haus. »Die Brezeln für die Knödel kommen von meinem alten Kumpel Jörg Schmid von gegenüber, von Michael Renz beziehe ich Eier und Mehl, die Kartoffeln von der Alb«, erklärt Marzin. Er wolle die Karte saisonal und regional halten. »Eine Flug-Mango braucht wirklich kein Mensch.« Und auch bei der Hopfenschorle wird's nicht lokaler: Da das Haus der Mössinger Brauerei Fischer's gehört, wird auch deren Bier angeboten. Zum Preis der Halben könne der Koch noch nichts sagen. »Den mache ja auch nicht ich, sondern der ist vom Einkaufspreis der Brauerei abhängig.«
Öffnungszeiten anpassen
Von Februar an - wenn mit den Vorbereitungen alles glattläuft - will das Paar das Roots bis Silvester an sieben Tagen in der Woche öffnen, als Probelauf sozusagen. Wenn man weiß, wie das neue Konzept angenommen werde, könne man die Öffnungszeiten anpassen. »Mittags gibt's erstmal nichts, wir können leider keine Stammkundschaft übernehmen, auf die wir zählen können«, erklärt Marzin. Ansonsten werde man in den Wintermonaten von 17 bis 23 Uhr geöffnet haben. Eine Ausnahme ist der Sonntag - da können die Gomaringer, und wer sonst noch kommen möchte, von 11 bis 15 Uhr einkehren: »Wie man's früher von der Oma kannte«, sagt der Koch. Im Sommer sollen die Öffnungszeiten dann an den Biergarten angepasst werden. Eine Zwischenlösung ist das Roots für Marzin und Hübner nicht. »Ich hab' Bock und stehe gerne nochmal 20 Jahre am Herd.« Schließlich will man so langsam mal Wurzeln schlagen. (GEA)