TÜBINGEN. »Einmal bitte thailändische Kokosnusssuppe!«: Diesen Satz kann sich der hungrige Gast im Tübinger Speisesaal sparen. Stattdessen reichen für die Bestellung ein paar Klicks auf einem Touchscreen. Seit Ende Mai steht die Roboterküche des Hamburger Start-ups »goodBytz« im Gesundheitszentrum (GZT) des Tübinger Universitätsklinikums und versorgt Mitarbeitende sowie Besucher. Im GZT stehen täglich fünf Gerichte auf dem Speiseplan. Ob Nizza-Salat mit Kalamata-Oliven, Pasta Strozzapreti Napoli mit Parmesan oder schwäbische Linsen-Spätzle: Die Auswahl der Roboterküche ist vielfältig und international. Sobald die Bestellung aufgegeben ist, wird ein Kassenbon mit der Bestellnummer herausgegeben. Auf einem Bildschirm kann dann verfolgt werden, wie lange das Essen in Zubereitung ist und wann es fertig ist.
Die Roboterküche kann zwar nicht betreten werden, dafür können aber Gäste die Zubereitung ihres Essens live durch eine Glasscheibe mitverfolgen. Das Kochspektakel findet in einem Kasten statt. Ganz ohne Personal kommt die Roboterküche jedoch nicht aus. Ein Service-Mitarbeiter befüllt den Kühlschrank der Roboterküche jeden Morgen mit frischen Zutaten. Diese sind vorgeschnitten und teils vorgegart. Ein Roboterarm holt die Zutaten aus dem Kühlschrank, mischt sie in einem Topf und stellt ihn auf eine von acht Herdplatten. Die Brühe kocht, das Gemüse wird angebraten. Ein weiterer Roboterarm verfeinert das Gericht mit einem Topping.
Frisch zubereitete Mahlzeiten werden in Schalen angerichtet. Der Kochprozess dauert nur wenige Minuten. Sobald das Essen fertig ist, kann es aus einer der zwölf Klappen herausgenommen werden. Das Spülen des Geschirrs übernimmt ein dritter Roboter. Die Gerichte kosten zwischen 6 und 8,70 Euro. Die Roboterküche ist in der Lage 150 Mahlzeiten pro Stunde zu produzieren. Mindestens eines der Gerichte am Tag ist immer rein pflanzlich. Das Gemüse stammt von einem in der Region ansässigen Lieferanten. Bei einem Testessen für die Presse bestehen alle Gerichte den Geschmackstest. Die Konsistenz der Kokosnusssuppe überzeugt und das Suppengemüse ist knackig. Die Nudeln sind al dente gekocht. Nur bei den schwäbischen Linsen ist Nachholbedarf. Das könnte an den fehlenden Gewürzen liegen. Sie schmecken fad.
Künftig rund um die Uhr frisch zubereitetes Essen
Die Rezepte gibt das Caterer-Unternehmen Sodexo vor. Das Uniklinikum und Sodexo, das die sechs Cafeterien auf dem Klinikgelände betreibt, erweitern ihr gastronomisches Angebot. »Jetzt besteht die Möglichkeit, auch außerhalb der Öffnungszeiten der Betriebsrestaurants und der Cafeterien ein frisches und warmes Essen zu bekommen. Dies ist besonders für unsere Beschäftigten im Schichtbetrieb und im Wochenenddienst interessant«, sagt Dr. Tobias Anton Schneider, Leiter des Geschäftsbereiches Betrieb und Logistik am Universitätsklinikum. Der Kochroboter ist von 9 bis 17 Uhr in Betrieb, ab Juli bis 21 Uhr und künftig sogar rund um die Uhr. In den Kliniken befinden sich zwar Snackautomaten, ansonsten mussten sich Mitarbeitende außerhalb der Öffnungszeiten bislang selbst versorgen. Das Uniklinikum ist weltweit der erste Standort, an dem der Kochroboter des Start-ups zum Einsatz kommt.
»Die Roboterküche ist eine Antwort auf die Realität der Arbeitswelt von heute. Sie hilft uns, in Zeiten des Fachkräftemangels Lücken zu schließen«, sagt Renato Salvatore, Geschäftsführer von Sodexo Deutschland. Arbeitsplätze werden durch den Roboter am Uniklinikum nicht abgebaut, betont Schneider vom Uniklinikum. »In den Cafeterien und Betriebsrestaurants lange Öffnungszeiten anzubieten oder Stellen als Koch, Köchin oder Servicemitarbeitende zu besetzten, ist derzeit schwierig. Hier unterstützt uns die neue Technologie mit automatisierten Prozessen.«
Doch was passiert, wenn die Technik mal nicht mitspielt und es zu Störungen kommt? Kleinere Probleme können aus der Ferne behoben werden, berichtet der Geschäftsführer von »goodBytz«, Hendrik Susemihl. »Wenn mechanisch etwas defekt ist, muss es vor Ort repariert werden. Wir haben deutschlandweit Servicepartner-Gesellschaften, die auf unsere Systeme trainiert werden«, sagt Susemihl.
Der Standort der Roboterküche im Speisesaal des GZT ist nicht zufällig gewählt. Im Gebäude ist ein ambulantes Rehazentrum untergebracht, das täglich etwa 120 Patienten besuchen. Sie erhalten ab Juli ebenfalls über den Kochroboter ein Mittagessen. Bislang wurden sie über die Cafeteria versorgt. Ebenso profitieren Gäste des Hotels, das im achten Stockwerk des Gesundheitszentrums untergebracht ist. Mittelfristig ist angedacht, auch Gäste aus weiteren ambulanten Rehas auf dem Klinikgelände sowie Patienten aus Tageskliniken über den Kochroboter zu versorgen. (GEA)