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Nichtstuer: Was ist dran an den Beamtenklischees?

Was ist dran an den Beamtenklischees? Ein Besuch bei der Agentur für Arbeit bringt Klarheit

Hat mit vielen Vorurteilen zu kämpfen, ist aber viel besser als ihr Ruf, findet Felix Höh: die Agentur für Arbeit.  FOTO: AP
Hat mit vielen Vorurteilen zu kämpfen, ist aber viel besser als ihr Ruf, findet Felix Höh: die Agentur für Arbeit. FOTO: AP
Hat mit vielen Vorurteilen zu kämpfen, ist aber viel besser als ihr Ruf, findet Felix Höh: die Agentur für Arbeit. FOTO: AP

REUTLINGEN. An was denkt ihr, wenn ihr an die Agentur für Arbeit denkt? Habt ihr schon so etwas gehört wie: »Sie sind geübt im Nichtstun, trinken gerne Kaffee und haben eine antisoziale Einstellung? Dann bewerben Sie sich noch heute bei der Agentur für Arbeit!« Außerdem glauben viele Menschen, dass die Öffnungszeiten der Agentur auch die Arbeitszeiten sind und dass alle Beamte sind und diese sowieso nichts arbeiten. Aber woher kommen diese Vorurteile? Was steckt dahinter? Ich wollte der Sache auf den Grund gehen und habe die Agentur für Arbeit in Reutlingen besucht.

 

Was macht die Agentur für Arbeit überhaupt?

Sie ist die Anlaufstelle für alle, die Arbeit suchen. Sie gibt jedem eine für seine Voraussetzungen angepasste Beratung und versucht, die Kunden wieder in die Arbeitswelt zu integrieren. Außerdem machen die Angestellten viel Sachbearbeitung, wie Anträge kontrollieren, im Außendienst tätig sein oder auch das Arbeitslosengeld auszahlen.

 

Wer kommt zur Agentur für Arbeit?

Jeder, der in irgendeiner Weise Arbeit sucht. Es kommen zum Beispiel viele Schulabgänger, die einen Ausbildungs- oder Studienplatz suchen oder noch keine Vorstellung davon haben, wie es weiter gehen soll. Zudem kommen junge Leute mit Ausbildung, die von ihrem Betrieb nicht übernommen wurden, Mütter, die zurück aus der Elternzeit sind, und Berufsrückkehrer. Natürlich suchen auch Leute, die wegen einer Kündigung, einem befristeten Arbeitsvertrag oder einer Firmenschließung keine Arbeit mehr haben, hier Hilfe. Aber es gibt auch Kunden, die finanzielle Unterstützung wegen zu wenig Ausbildungsvergütung, gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder zu hohen Kosten für eine Weiterbildung beantragen. Wer Unterstützung bekommt und wer nicht, ist gesetzlich festgelegt.

 

Welche Abteilungen gibt es?

Die Agentur für Arbeit ist in unterschiedliche Abteilungen gegliedert. Es gibt unter anderem die Eingangszone, die Arbeitsvermittlung, die Leistungsabteilung, das Servicecenter, den technischen Berater, das Berufsinformationszentrum und die Integrationsberatung. Bei meinem Besuch habe ich den Integrationsberater Kai Schenk getroffen und ihn zu seinen Aufgaben befragt.

GEA: Was macht die Integrationsberatung?

Kai Schenk: Im Grunde sind wir auch eine Arbeitsvermittlung, aber zu mir kommen die Kunden, die meist mit mehreren Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Das sind zum Beispiel diejenigen ohne Computerkenntnisse, die eine intensivere Beratung brauchen, die sich noch nie selbst beworben haben oder jene, die Angst vor dem Gespräch mit einem Arbeitgeber haben. Hier kann man dann als Berater auch mal mit zum Vorstellungsgespräch.

Ist bei der Integrationsabteilung auch Migration ein Thema?

Schenk: Nein. Da gibt es eine Extraabteilung. Bei uns sind gute Deutschsprachkenntnisse eine Grundvoraussetzung.

Was ist denn so besonders an der Integrationsabteilung?

Schenk: Bei uns sind die Kundengespräche länger. Da nimmt man sich auch mal eine Stunde mehr Zeit, was bei den anderen Arbeitsvermittlern nicht geht. Es gibt eine engmaschige Kundenbetreuung mit direktem Zugang zu den Kunden durch die Telefonverbindung ohne Umleitung ins Servicecenter und besondere Angebote wie eine PC-Schulung oder eine Simulation von Vorstellungsgesprächen.

Wie zufrieden sind die Kunden mit Ihrer Arbeit?

Schenk:So gut wie alle sind sehr zufrieden. Es gibt ab und zu mal Ausreißer, aber das kommt selten vor. Die Zufriedenheit entsteht auch durch das persönlichere Verhältnis. Und wenn es mal Ärger gibt, versuchen schon meine Kolleginnen und Kollegen in der Eingangszone den Druck raus zu nehmen.

 

Wer bekommt überhaupt Leistung von der Agentur für Arbeit?

Anspruch auf Arbeitslosengeld I hat man, wenn man in den letzten zwei Jahren mindestens ein Jahr lang sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Höhe und Dauer des Arbeitslosengeldes hängen davon ab, wie viel man verdient hat und wie lang man gearbeitet hat. Anspruch auf Kostenübernahme einer Weiterbildung oder finanzielle Unterstützung in jeglicher Form hat der, der diese den gesetzlichen Vorgaben entsprechend benötigt.     Wichtig: Arbeitslosengeld I ist nicht Hartz IV. Hartz IV bekommt man erst, wenn man nach der Zeit des Arbeitslosengeldes immer noch keine Arbeit hat, aber weiterhin finanzielle Unterstützung vom Staat braucht. Das ist jedoch Aufgabe des Jobcenters. Dieses befindet sich in Reutlingen zwar im gleichen Haus, hat aber nicht dieselben Aufgaben wie die Agentur für Arbeit, obwohl ein Teil des Logos gleich ist. Das liegt an einem Zusammenschluss zweier Teilgruppen, der aber schon Jahre zurückreicht.

 

Warum entstehen die Vorurteile gegen die Agentur für Arbeit?

Diese entstehen durch unzufriedene Kunden, die keine Arbeit gefunden haben oder nicht das bekommen haben, was sie wollten. Die unzufriedenen Kunden sind keinesfalls in der Mehrheit, sondern bei Erhaltung einer Arbeitsstelle wird es als normal angesehen, was ja richtig ist, da es die Aufgabe der Agentur ist. Deshalb entstehen keine großen positiven Nachrichten.

 

Fakten

In Deutschland gibt es 156 Agenturen für Arbeit. In Baden-Württemberg gibt es davon 19 Stück. In Reutlingen selbst arbeiten rund 130 Beschäftigte. Pro Woche melden sich hier 602 Menschen arbeitslos, 616 finden eine Arbeit und sind nicht mehr arbeitslos. Außerdem finden pro Woche etwa 1 800 Beratungsgespräche statt.

 

Der Wandel der Zeit!

Auch die Digitalisierung macht vor der Agentur für Arbeit nicht halt. Viele Anträge der Arbeitslosen werden online ausgefüllt und eingeschickt. Auch die Akten der Kunden sind alle elektronisch gespeichert. Das heißt, dass es auch Stellenabbau geben wird. Es gibt schon Beispiele, wo Maschinen die Arbeit der Leistungsabteilung zum großen Teil übernehmen.     Auch im Bereich der Eingangszone werden weniger Stellen nötig sein, aber das persönliche Gespräch des Arbeitsvermittlers bleibt vorerst unverzichtbar. Sind die Mitarbeiter der Agentur dann bald selbst arbeitslos? Eher nicht, denn wie in vielen Bereichen schreitet die Digitalisierung nur langsam voran. Somit können wir uns noch lange Zeit auf die freundlichen Gesichter der Beschäftigten freuen.

 

Fazit

Meiner Meinung nach ist die Agentur für Arbeit eine wichtige Behörde, bei der jeder die Chance hat, eine Arbeitsstelle zu finden. Viele der Beschäftigten sind gar keine Beamten und sind überhaupt nicht untätig. Jeder kann dorthin kommen und dank der Agentur für Arbeit können wir auch in schlechten Tagen darauf vertrauen, eine Anlaufstelle zu haben, die uns wieder zurück in den Arbeitsmarkt bringt. (ZmS)

 

Felix Höh, Graf-Eberhard-Gymnasium, Bad Urach, Klasse 9b

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