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Aktuell INTERVIEW

»Die Erben der Pharaonen«

REUTLINGEN. Seine Eminenz Bischof Gabriel, koptischer Bischof Österreichs und der deutschsprachigen Schweiz: So einen Verwandten hat nicht jeder in der Familie. ZmS-Reporter Micha Gabriel Khalil, dessen Familie aus Ägypten stammt, sprach mit seinem Onkel Gabriel über sein Amt, seinen Glauben und politische Hintergründe.

Die Kopten sind eine religiöse Minderheit in Ägypten, die sowohl Traditionen des Christentums als auch aus der Zeit der Pharaone
Die Kopten sind eine religiöse Minderheit in Ägypten, die sowohl Traditionen des Christentums als auch aus der Zeit der Pharaonen aufnimmt. FOTO: PRIVAT
Die Kopten sind eine religiöse Minderheit in Ägypten, die sowohl Traditionen des Christentums als auch aus der Zeit der Pharaonen aufnimmt. FOTO: PRIVAT
ZmS: In Ägypten haben die ersten Parlamentswahlen nach der Revolution des 25. Januar 2011 stattgefunden. Bevor wir darüber sprechen, was das für die Kopten als christliche Minderheit bedeutet, möchte ich zunächst ein paar Hintergrundfragen stellen. Wer sind die Kopten eigentlich?

Bischof Gabriel: Das Wort Kopten oder Kopte hat in zwei Sprachen die gleiche Bedeutung. Das Wort kommt ursprünglich aus dem Griechischen »aegyptios« und bedeutet nichts anderes als Ägypter. Auch in der alten ägyptischen Sprache war der Begriff »kaptah« bekannt, was auch Ägypter bedeutet. Die Kopten sind also die Nachfahren der Pharaonen und die »Ureinwohner« Ägyptens.

Wie soll man die Kopten als Erben beziehungsweise Nachfahren der Pharaonen verstehen?

Bischof Gabriel: Die Kopten sind in vielerlei Hinsicht als Erben der Pharaonen anzusehen und das gleich aus mehreren Gründen. Erstens: Die Kopten haben die Musik der Pharaonen übernommen und benutzen sie heute in der Kirchenliturgie. Auch die Musikinstrumente Triangel und Zimbel haben wir aus dieser Zeit übernommen. Zweitens: Die Sprache aus der pharaonischen Zeit findet auch in der koptischen Kirche Gebrauch, die, hätten wir sie als Kopten nicht übernommen, verloren gegangen wäre. Die Pharaonen kannten vier verschiedene Schriftarten: die Hieroglyphen, das Hieratische, das Demotische und das Koptische. Champollion gelang es mithilfe des Koptischen, die Hieroglyphen auf dem Rosetta-Stein zu entziffern. Drittens: Die pharaonische Kunst findet sich in der der Kopten wieder. Als Vorlage dienten den Kopten die bekannten Portraits aus El Fayoum. Die Pharaonen malten die Gesichter Verstorbener ab und verzierten damit die Sarkophage. Heute noch malen die Kopten Bilder ihrer Heiligen, die man Ikonen nennt. Der Ursprung der christlichen Ikonen liegt in der pharaonisch koptischen Zeit.

Auf wen führt die koptische Kirche ihre Gründung zurück?

Bischof Gabriel: "Die koptische Kirche wurde vom Heiligen Apostel Markus gegründet, der im Jahr 62 nach Christus nach Alexandrien kam und dort das Christentum verbreitete. Er weihte einen Bischof, drei Priester und sieben Diakone. Er gründete in Alexandrien die erste theologische Schule. Der Heilige Apostel Markus starb im Jahr 68 nach Christus den Märtyrertod.

Wie viele Mitglieder zählt die koptische Kirche heute auf der Welt?

Bischof Gabriel: Nach unseren Schätzungen liegt die Zahl unserer Mitglieder bei 15 Millionen weltweit. Davon gibt es 13 Millionen in Ägypten und zwei Millionen in der Diaspora, der Zerstreuung. Alle Mitglieder der Kopten sind in 50 verschiedene Diözesen unterteilt, darunter auch in Österreich, in der Schweiz und in Deutschland. Auch in Stuttgart befindet sich eine koptische Gemeinde.

In Ägypten haben in den letzten Tagen die Wahlen stattgefunden. Wie wird die Zukunft der Kopten, die abhängig von dem Wahlergebnis ist, aussehen?

Bischof Gabriel: 85 Prozent der ägyptischen Bevölkerung sind Muslime. Die Muslimbruderschaft hat gemäß den Prognosen der Medien die Wahlen gewonnen, indem sie mit religiösen Mottos die Straßen für sich gewann. Wir Kopten erhoffen uns von der neuen Regierung, dass sie, wie das Land Tunesien verspricht, die Menschenrechte auch für uns Kopten geltend zu machen. (ZmS)

Vielen Dank für dieses Gespräch.

Micha Gabriel Khalil, BZN Gymnasium, Rommelsbach, Klasse 9 a