REUTLINGEN/STUTTGART. In Apotheken gibt es nicht nur Blutdrucksenker und Kopfschmerztabletten: Sie sind seit dem Kurswechsel von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auch wichtiger Bestandteil der Schnelltest-Strategien von Bund und Land. In den nächsten Wochen werden sie eine immer wichtigere Rolle spielen. Doch derzeit bieten nur 240 Apotheken in Baden-Württemberg Schnelltests an – ein Zehntel aller Betriebe.
- Wer kann sich von heute an testen lassen?
Corona-Antigen-Schnelltests bieten Apotheker von heute an für Lehrkräfte, Schulpersonal, Kita-Mitarbeiter, Tagesmütter- und -väter sowie Grenzpendler an. Lehrerinnen und Lehrer können sich bis Ostern zweimal die Woche auf das Virus untersuchen lassen. Grenzgänger, die in ein Hochrisikogebiet (zum Beispiel Österreich) pendeln, müssen sogar alle 48 Stunden zum Test. Schon zuvor konnten sich Kontaktpersonen der Kategorie I, nicht-medizinisches Fachpersonal wie Physiotherapeuten und Psychotherapeuten und Schüler, in deren Lerngruppe – dem Cluster – ein Fall aufgetreten ist, untersuchen lassen. Das galt auch bisher schon für alle, denen ihre Corona-Warnapp die rote Karte gezeigt hat.
APOTHEKEN-FINDER
Wer eine Apotheke sucht, die Corona-Antigen-Schnelltests anbietet, wird auf der Homepage des Landesapothekerverbands fündig. Dort gibt es als Übersicht eine Karte. In der Stadt Reutlingen bieten derzeit noch keine Apotheken die kostenlosen Tests an. Anbieter finden sich unter anderem in Wannweil und Kusterdingen. Auch in Tübingen gibt es mehrere Pharmazeuten, die bereits Schnelltests machen. Da die Testzeiten meist nicht mit den Öffnungszeiten der Apotheke übereinstimmen, sollten Testwillige in der Apotheke anrufen und einen Termin vereinbaren. Dabei können gleich die Modalitäten geklärt werden. (GEA)
- Darf jetzt jeder in die Apotheke zum Testen kommen?
Nein, kommen darf nur, wer sich gesund fühlt. Sinn der Schnelltests ist schließlich, asymptomatische Infizierte ausfindig zu machen, also Menschen, die das Virus in sich tragen, aber (noch) nicht erkrankt sind und dennoch ungewollt Menschen in ihrer Umgebung anstecken können. »Ein Test in der Apotheke darf grundsätzlich nur durchgeführt werden, wenn keine Krankheitssymptome vorliegen«, sagt Tatjana Zambo, Apothekerin aus Gaggenau und Vizepräsidentin des Landesapothekerverbands. »Patientinnen und Patienten mit Symptomen müssen sich weiterhin direkt an einen Arzt oder eine Ärztin wenden.« Ergebnisse des Schnelltests gibt es innerhalb einer Viertelstunde. Fällt der Test positiv aus, wird das Ergebnis dem Gesundheitsamt gemeldet und der Schnelltest-Proband muss zum PCR-Test.
- Wie geht es weiter?
Von 1. März an kann sich nach dem Willen von Gesundheitsminister Jens Spahn jeder testen lassen – vorausgesetzt eben, er hat keine Symptome.
- Wer zahlt?
Für die Bürger sind die Tests kostenlos. Bis zum 1. März gilt das aber nur für die genannten Gruppen. Das Land zahlt für Lehrkräfte, Kita- und Schulpersonal sowie Pendler, in allen anderen Fällen übernimmt der Bund die Kosten.
- Welche Rolle spielen die Apotheken?
»Wir sind ein Teil der Teststruktur, aber wir sind es nicht alleine«, sagt Frank Eickmann, Sprecher des Landesapothekerverbands. Apotheken sind seit der Änderung der Teststrategien in Bund und Land neben Testzentren und Haus- und Fachärzten das dritte Standbein. Im Moment bieten aber nur rund 10 Prozent der gut 2.400 Apotheken in Baden-Württemberg Schnelltests an. Mit der geänderten Teststrategie können die Apotheken nun kostenlose Tests im staatlichen Auftrag anbieten, sagt Tatjana Zambo. Der Verband ermuntert seine Mitglieder ausdrücklich, Testkapazitäten anzubieten. Die Nachfrage sei hoch, sagt Frank Eickmann, der Sprecher des Landesapothekerverbands.
- Wird man sich bald in jeder Apotheke testen lassen können?
Wohl kaum. »Es entsteht der Eindruck, dass jede Apotheke testen wird, aber das kann nicht sein, weil es nicht geht«, sagt Eickmann. Die Anforderungen an die Apotheken sind hoch. Aus Infektionsschutzgründen darf weder im Verkaufsraum noch in den Büroräumen getestet werden. Es braucht also extra Räume für das Schnelltest-Angebot, ebenso wie zusätzliches Personal. Da die Tests mit Vollschutz – also Maske, Visier und Plastikschürze – abgenommen werden, können die Mitarbeiter auch nicht einfach zwischen Pillenverkauf und Corona-Test wechseln. Wirklich testen werden wohl auch künftig nur Apotheken mit viel Platz – oder solche, die zusätzliche Räume anmieten.
- Was verdienen die Apotheken an den Corona-Tests?
Laut dem Sprecher des Verbands zahlt der Bund für jeden Corona-Antigen-Schnelltest 9 Euro. Maximal weitere 9,50 Euro werden für den Test selbst und das Material erstattet. »Das ist ausgesprochen wenig«, sagt Eickmann. Er beklagt, dass Arztpraxen 15 Euro Honorar fürs Testen bekommen. Das Land ist spendabler: Dort erhalten die Apotheken pro Person und Test 30 Euro. Die Krankenkassen sind an der Finanzierung der Schnelltests nicht beteiligt.
- Kann ich den Corona-Antikörper-Test auch selbst machen?
Im Moment noch nicht. Die Teststrategie von Bund und Ländern fußt auf den sogenannten PoC-Tests, die nur von Fachpersonal durchgeführt werden. Ihr Merkmal sind lange Stäbchen, was den Abstrich recht unangenehm macht. Tests für Laien, die mit kurzen Stäbchen einfacher anzuwenden sind, dürfen nach der Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung zwar seit 14 Tagen verkauft werden. Sie sind aber noch nicht im Handel. Bei den Laientests zweifeln manche Fachleute an der Zuverlässigkeit. Auch sei nicht sichergestellt, dass jeder positiv Getestete sich beim Gesundheitsamt meldet und in Quarantäne geht. In Österreich wiederum sind Selbsttests bereits in Schulen im Einsatz. (GEA)