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Aktuell Pandemie

Stadt Stuttgart fühlt sich »an Ischgl erinnert«

Nach Geburtstagsfeier in einem Club mit mehr als zwei Dutzend Infizierten wird schärfer kontrolliert

Test-Center am Stuttgarter Flughafen. Als die Kroatien-Partyurlauber zurückkamen, gab es diese Möglichkeit noch nicht.  FOTO: KO
Test-Center am Stuttgarter Flughafen. Als die Kroatien-Partyurlauber zurückkamen, gab es diese Möglichkeit noch nicht. FOTO: KOVALENKO /LICHTGUT
Test-Center am Stuttgarter Flughafen. Als die Kroatien-Partyurlauber zurückkamen, gab es diese Möglichkeit noch nicht. FOTO: KOVALENKO /LICHTGUT

STUTTGART. Der jüngste lokale Ausbruch von Infektionen mit dem Coronavirus nach einer Geburtstagsparty mit inzwischen 25 Infizierten hat Folgen für die Clubszene. Da die Feier in einem Club in der Stuttgarter City stattfand, hat die Verwaltung alle Clubbetreiber in der Stadt angeschrieben und sie eindringlich darauf hingewiesen, sich an die geltenden Corona-Regeln zu halten.

Der Branche komme »eine zentrale Verantwortung zur Verhinderung der Ausbreitung des Virus zu«, schreibt Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU). Da man Hinweise auf »zum Teil schwerwiegende Verstöße gegen diese Auflagen« erhalte, kündigt Schairer verstärkte Kontrollen an. Und er warnt die Betreiber: Bei Missachtung der Vorschriften werde man »mit der gebotenen Härte des Rechts vorgehen - erforderlichenfalls bis hin zur Schließung grob regelwidrig geführter Betriebe«.

Anlass für den unzweideutigen Appell ist jene Geburtstagsfeier am 1. August. Unter den etwa 40 Gästen, für die ein Bereich des Clubs gemietet wurde, waren acht junge Erwachsene, die Urlaub in Kroatien gemacht hatten. Sie waren am Tag der Feier aus dem als Partyhochburg bekannten Ort Novalja auf der Adria-Insel Pag zurückgekommen. Die acht Personen »waren allesamt mit dem Coronavirus infiziert« und hätten – inzwischen sind es 17 – viele weitere Gäste der Party infiziert, erklärte die Stadt dazu. Man habe es mit einem »extrem sorglosen Umgang« mit der Pandemie zu tun.

Gegen diese Einschätzung wehrt sich ein 20-Jähriger, der zu dem Freundeskreis gehört. Er will die Kritik nach einer Recherche in der Gruppe so nicht stehen lassen. Obwohl er selbst nicht zu der Geburtstagsfeier ging, weil er »wegen der großen Masse an Leuten ein mulmiges Gefühl« hatte, wie er sagt.

Zwei negative Tests vor der Party

Auch die acht Ferienheimkehrer hatten offenbar doch ein gewisses Bewusstsein für das bestehende Infektionsrisiko. Jedenfalls hätten sich diese darum bemüht, noch am Flughafen einen Corona-Test zu machen, erzählt der 20-Jährige. Aber am Flughafen in Karlsruhe, über den vier der jungen Erwachsenen einreisten, »gab es diese Möglichkeit noch nicht«, sagt er. Von den vier anderen, die über Frankfurt nach Stuttgart zurückgeflogen sind, hätten sich zwei am Airport der Mainmetropole testen lassen und sogar für ein schnelles Ergebnis aufgezahlt. Aber die Zeit habe wegen des Weiterflugs nur für die Testung von zwei Personen gereicht. Das Airport Medical Center in Stuttgart war laut der Gruppe bei der Ankunft schon zu. Die kostenlosen Corona-Abstriche im Testcenter am hiesigen Flughafen gibt es erst seit dem 3. August. Noch vor Beginn der Geburtstagsparty seien die beiden Testergebnisse aus Frankfurt mit negativem Befund über einen Messenger-Dienst »in die Gruppe reingeschickt worden«, erzählt der 20-Jährige. Alle wurden informiert, dass die acht Heimkehrer in Kroatien waren. Die beiden negativen Testergebnisse habe man als »repräsentativ für alle Rückkehrer« genommen, da diese alle in einem Zimmer geschlafen hätten und »durchgängig engen Kontakt hatten«, so die Darstellung aus dem Freundeskreis.

Nach dem ersten Auftreten von Corona-Symptomen bei Partygästen habe der Freundeskreis, der über eine Whatsapp-Gruppe vernetzt ist, die Kontaktpersonen ermittelt, nicht die Gesundheitsämter, weist der 20-Jährige die Kritik zurück.

Die Stadt bleibt bei ihrer Haltung. Man lobt den Einsatz des Freundeskreises, das Feiern in geschlossenen Räumen kurz nach einer Reise sei aber »sorglos und bedenklich«, so Sprecher Sven Matis. Auch bei negativem Test sei eine Kontaktreduktion von fünf bis sieben Tagen und ein zweiter Test nötig. Zu der Party im Club sagt Matis: »Im Gesundheitsamt fühlt man sich an Ischgl erinnert.« In dem Ort in Tirol hatten sich im Frühjahr viele mit dem Coronavirus infiziert. Zu Kroatien erklärt die Stadt, dieses werde »erkennbar zu einem Hotspot« für Corona-Infektionen. Dennoch sei es nicht als Risikogebiet ausgewiesen. Man sehe sich dafür als »wichtiges Frühwarnsystem«.

Infektionen auch in Göppingen

Für den 20-Jährigen, der seine Kollegen verteidigt, hatte übrigens die Nachricht, dass die Gruppe aus Kroatien kam, den Ausschlag gegeben, nicht zu der Party zu gehen.

Auch im Kreis Göppingen gibt es derzeit vermehrt Neuinfektionen, nachdem eine Gruppe Abiturienten in Novalja Party-Urlaub gemacht hatte. Wie eine Sprecherin des dortigen Landratsamts gestern mitteilte, sind inzwischen zwölf Teilnehmer der Abi-Fahrt mit dem Coronavirus infiziert. (GEA)