STUTTGART. »Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei«, könnte man aus einem Lied des Trio-Manns Stephan Remmler zitieren, denn in der Markthalle endete zwar eine Tradition, aber sie wird auch weitergeführt – nur eben anders. Das signalisiert schon der neue Name eines alten Stands: Wurstliebe by Gustav Breyer. Den Gründer gibt es in der Markthalle schon längst nicht mehr. Weil dessen Name aber dort seit den 40er-Jahren etabliert ist, wurde er von den folgenden Inhabern übernommen, zuletzt von Doris Treuter, die nun nach Jahrzehnten in den Ruhestand gegangen ist.
43 Jahre Erfahrung
Ihre Mitarbeiterin Sabine Krause konnte an dieser Stelle die Wurstära nicht einfach enden lassen, zumal sie noch viel länger im Geschäft ist als die 23 Jahre, die sie bei Gustav Breyer beziehungsweise Doris Treuter verbrachte. Insgesamt kommt sie auf 43 Jahre als Fleischereifachverkäuferin. »Ich bin in der Metzgerei aufgewachsen«, sagt sie, genauer gesagt in der Metzgerei Braun in Stuttgart-Kaltental, aber: ohne Metzger keine Metzgerei. Als sich nach dem Tod ihres Vaters Karl Braun wie so mancherorts keine Nachfolge gefunden hatte, wechselte Sabine Krause als Verkäuferin in die Markthalle.
Der Unterschied auch bei der Wurstliebe by Gustav Breyer: Es wird nicht produziert und es wird ausschließlich Wurst verkauft. Das geht auch ohne Metzger – mit Spezialitäten aus ganz Deutschland wie etwa Katenschinken oder Pinkel genannte Grützwurst. Aber es gibt auch eine neue »User Experience«: Der Stand mit seinen insgesamt 27 Quadratmetern ist nach hinten geöffnet worden. Die zwei großen Fenster zur Dorotheenstraße mit Blick aufs Alte Schloss sind jetzt für alle sichtbar. Zudem können die Kunden im offenen Bereich »warme Leckereien« vor Ort genießen: Fleischkäse, bayerische Hotdogs oder schwäbische Burger etwa, also Maultaschen im Weckle. »Imbiss kann man uns aber nicht nennen«, sagt Sabine Krause, die in der Markthalle nicht kochen oder braten, sondern die Gerichte im Merrychef-Ofen oder in der Brühe nur erhitzen darf. Der Märkte-Stuttgart-Chef Thomas Lehmann erklärt: »In Abstimmung mit dem Amt für öffentliche Ordnung dürfen in der Markthalle nur 10 bis 15 Prozent der Standflächen gastronomisch genutzt werden.«
Mehr Gastronomie würde ganz andere Voraussetzungen fordern wie etwa Abluftsysteme oder eine andere Toilettensituation. Die Markthalle bleibe dem Einzelhandel vorbehalten – und doch könnten sich im Zuge der Diskussion um die außen noch weitere gastronomische Möglichkeiten entwickeln, aber man sei noch in der »Konzeptionsphase«. Grundsätzlich sieht Thomas Lehmann in Stuttgarts Vorzeigeobjekt einen guten Mix, denn es gebe ja »auch vegane und hippe Themen«. Und so begrüßt es der Grünkohl-mit-Pinkel-Fan, dass sich mit der Wurstliebe by Gustav Breyer »ein Traditionsunternehmen jung und neu aufstellt«.
Jung auch insofern, weil die sich die Kinder von Sabine Krause mit einbringen, auch wenn die Tochter Nina, 31, als Designerin in einer Agentur angestellt ist, und der Sohn Tim, 28, zu 50 Prozent als Verkäufer in der Spielwarenbranche arbeitet. Die Mutter jedenfalls kann mit ihren bald 60 Jahren sagen, »ich habe immer noch Spaß an meinem Beruf«. Obwohl der Anteil an Vegetariern und Veganern in der Bevölkerung wächst, gebe es weiterhin »viele junge Kunden, die die Qualität der Wurstspezialitäten zu schätzen wissen«. Und ältere, die mit nur vier Scheiben genauso gut bedient würden. Das darf am Samstag bei der offiziellen Einweihung auch ein bisschen gefeiert werden. (GEA)