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Kultusministrerin Theresa Schopperteilt in Reutlingen persönliche Erinnerungen

Theresa Schopper erzählt bei einem Besuch in Reutlingen, wie sie zu den Grünen kam und Kultusministerin in Baden-Württemberg Stuttgart wurde.

Kultusministerin Theresa Schopper (Mitte) wurde am Dienstag von Dr. Stefan Meißner  und Dr. Claudia Guggenmos, beide Katholische
Kultusministerin Theresa Schopper (Mitte) wurde am Dienstag von Dr. Stefan Meißner und Dr. Claudia Guggenmos, beide Katholisches Bildungswerk Reutlingen, in der Reutlinger Kreissparkasse interviewt. Foto: Conzelmann
Kultusministerin Theresa Schopper (Mitte) wurde am Dienstag von Dr. Stefan Meißner und Dr. Claudia Guggenmos, beide Katholisches Bildungswerk Reutlingen, in der Reutlinger Kreissparkasse interviewt.
Foto: Conzelmann

REUTLINGEN. Sie wuchs an einem der idyllischsten Plätze Bayerns auf, dort, wo König Ludwig II. das Schloss Neuschwanstein bauen ließ: in Füssen im Allgäu. Die Seen, die Berge, die Sprache - für Theresa Schopper ist das alles immer noch Heimat. Die deutsche Hochsprache beherrscht sie fließend, doch manchmal, wenn die baden-württembergische Kultusministerin spontan wird, dringt das Allgäuerische noch durch. Sie sagt dann: »Irgendwie isch's guad nausganga« und meint die glücklichen Zufälle des Lebens. Und diese gab es bei ihr genug.

Persönliche Erinnerungen teilte Therea Schopper am Dienstag mit 100 Gästen des Katholischen Bildungswerks in der Reutlinger Kreissparkasse. Die 63-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder. Ihre politische Arbeit ist eine Seite, der persönliche Werdegang und die Momentaufnahmen ihrer Kindheit standen an diesem Abend im Vordergrund. Wie sie Neuschwanstein beim Blick aus dem Schulfenster stets vor Augen hatte, wie sie aufwuchs in der Vorstadtsiedlung als Kind eines Heizers und einer ungelernten Akkordarbeiterin. »In Urlaub« fuhr man nie - der Vater zeigte auf die Touristen und sagte, da wo andere Urlaub machen,sei es doch wohl schön genug.

Als in der Grundschule gefragt wurde, wer denn aufs Gymnasium wolle, streckte sie und wurde ungläubig angeschaut. Ihre Begründung: »Wenn die anderen das schaffen, schaffe ich das auch.« Auf der höheren Schule angekommen, holte sie die Realität ein. Ihre geliebte und selbstverständlich gepflegte Mundart brachte ihr eine glatte 6 ein. Den ersten Deutschaufsatz verfasste sie nämlich in reinem Allgäuerisch und wurde umgehend abgestraft.

Der Lehrer, der wohl dem »Herrn Professor« in der Feuerzangenbowle glich, habe ihr Talent dennoch erkannt und sie nach Kräften gefördert. »Die Schopper ist zwar noch schlecht, aber die wird euch alle überholen«, habe er in der Klasse gesagt. Ein Satz, der die kleine Theresa zu Höchstleistungen antrieb. Talentförderung - eine Pädagogik, die noch heute ihre Arbeit bestimmt. Man müsse »die Käpsele« deutlicher mitnehmen, sagt sie.

Nach dem Abitur war ihr einziger Wunsch, nach München zu gehen. Studienfach egal, es sollte dann Soziologie werden. Ihr klarer Menschenverstand vertrug sich aber nur schwer mit dem »G'schiss« in der Soziologie, wie sie sagt: Das pseudowissenschaftliche Gehabe und die Sondersprache für Dinge, die man auch einfacher sagen kann. Als Bafög-Empfängerin hatte sie keine Wahl und zog das Studienfach durch. Ihr zweites Studienfach brachte ihr den ersten richtigen Job ein: Kriminologie. Ein Münchner Abgeordneter suchte eine Mitarbeiterin, die mit Straffälligen umgehen konnte. Sie bekam den Job.

Das politische Engagement begann 1980, als die Grünen, zumal in Bayern, noch ein zartes Pflänzchen waren. Sie sei »da reingeschlittert«: Kaum eingetreten, wurde sie Kreisvorsitzende, mit 27 Jahren dann Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen im Bayerischen Landtag. Von 1994 bis 2013 war sie Abgeordnete im Bayerischen Landtag, danach kam sie ins Staatsministerium in Stuttgart. Die weiteren Stationen sind bekannt: 2016 Staatssekretärin für die politische Koordination im Staatsministerium, 2018 Staatsministerin, zuständig für die politische Koordination innerhalb der Regierungskoalition, 2021 bis heute Ministerin für Kultus, Jugend und Sport.

Was sie in München an Lokalkolorit mitbrachte, nämlich die Kenntnis sämtlicher bayerischer Dialekte und Eigenarten der einzelnen Regionen, würde sie sich in Baden-Württemberg nie anmaßen. Was sie hier aber zu schätzen weiß, sei der Realitätssinn der Grünen. Man sei nicht abgehoben, sondern wirtschaftsorientierter und pragmatischer, nicht nur in Person des Ministerpräsidenten. Mit ihm, vor allem deswegen, verstehe sie sich prächtig und teile den persönlichen Grundsatz, künftigen Generationen »eine gute Erde« hinterlassen zu wollen.

Ihre Heimat aber ist das Allgäu. Wenn sie auf er A 96 (mit dem E-Auto) unterwegs sei und die bayerischen Alpen auftauchen, sitze sie immer noch hinter der Scheibe wie ein Kind vor der Modelleisenbahn. Die Kette der Gipfel kennt sie auswendig, es sei einfach das Bild ihrer ersten Jahre. Die 14 Seen rund um ihren Geburtsort, in denen sie früher gebadet hat, bleiben ihr Sehnsuchtsort. Wobei sie höchstens einmal im Jahr dorthin fährt. In der Regel fährt sie amtshalber immer dran vorbei.