STUTTGART/BERLIN. Die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) ist voll des Lobes über die von Friedrich Merz (CDU) nominierte Bundesbildungsministerin: »Karin Prien ist eine sehr versierte und durchsetzungsstarke Bildungspolitikerin, mit der ich seit geraumer Zeit eng zusammenarbeite und die ich fachlich und menschlich sehr wertschätze. Wir teilen die Einschätzung über die wesentlichen Herausforderungen in der aktuellen Bildungspolitik.«
Ein Lob über Parteigrenzen ist alles andere als selbstverständlich. Doch die Nominierung Priens, die seit 2017 Bildungsministerin in Schleswig-Holstein ist, löst auch bei Bildungsverbänden im Land positive Reaktionen aus. So meint der Bundes- und Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) Gerhard Brand: »Der VBE begrüßt die Nominierung als wohlüberlegt. Wir haben Karin Prien in ihrer Zeit als Vorsitzende der Kultusministerkonferenz als gewissenhafte, umsichtige und ernsthafte Politikerin kennen- und schätzen gelernt. Als Bildungsgewerkschaft konnten wir jederzeit gut und professionell mit ihr zusammenarbeiten.« Prien verfüge durch ihren guten Kontakt zu Friedrich Merz außerdem über die wichtige Möglichkeit, Bildungsthemen in der Parteispitze platzieren zu können.
»«Gewissenhafte, umsichtige und ernsthafte Politikerin»«
Auch der baden-württembergische Philologenverband gratuliert Prien zur Nominierung. Landesvorsitzende Martina Scherer freut sich, »dass mit Karin Prien eine kluge und erfahrene Bildungsexpertin dieses Amt übernehmen wird«, die als Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und Präsidentin der Kultusministerkonferenz reichlich Erfahrung mitbringe.
An die neue Person im Bundesbildungsministerium werden aber auch große Erwartungen geknüpft. Brand fordert, dass Prien sich »mit Energie und Engagement für die Belange der Kitas und Schulen einsetzt und die im Koalitionsvertrag verankerten Bildungsschwerpunkte vorantreibt: Die Ausweitung des Startchancen-Programms, einen neuen Digital-Pakt, die finanzielle Unterstützung der Länder sowohl bei der Demokratie- und Medienbildung als auch bei der Sanierung von Kitas und Schulen.« Scherer hat ebenfalls »große Hoffnung, dass der Digitalpakt besser und neu gestaltet wird«. Der Philologenverband fordere schon lange eine bessere digitale Infrastruktur an den Schulen, unter anderem mit der Finanzierung einer professionellen IT-Administration oder einer datenschutzkonformen Bildungs-KI.
""Kitas müssen in Deutschland endlich als Bildungseinrichtungen anerkannt "
Das Lob kommt nicht von ungefähr. Karin Prien hat sich in den vergangenen Jahren als umsichtige Bildungspolitikerin profiliert. Die 59-jährige Juristin war von 2011 bis 2017 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, bevor sie 2017 das Amt der Bildungsministerin in Schleswig-Holstein übernahm. In dieser Rolle engagierte sie sich etwa für mehr Demokratiebildung und Antisemitismusprävention an Schulen. In der Debatte um die Neuauflage des Digitalpakts kämpfte sie für eine stärkere finanzielle Unterstützung der Länder durch den Bund. Doch welche Schwerpunkte könnte die neue Bildungs- und Familienministerin in den kommenden Jahren sonst noch setzen?
Einen Einblick, was ihr in ihrer neuen Rolle als Bundesbildungs- und -familienministerin wichtig sein könnte, gibt das Buch »Bessere Bildung 2035« der Wübben-Stiftung, in dem Karin Prien als Kultusministerin Beiträge verfasst hat. Die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper war übrigens ebenfalls an dem Konzept beteiligt. Prien schreibt darin, dass das gesamte Bildungs- und Hilfesystem den Kindern und Jugendlichen nicht mehr gerecht werde. Die Ursachen sieht sie in der veränderten Zusammensetzung der Schülerschaft und der veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Die CDU-Politikerin hebt in dem Buch auch die Bedeutung von frühkindlicher Bildung hervor. Sie schreibt: »Eine der wichtigsten kulturellen Veränderungen, die in diesem Land erforderlich wären, ist ein Umdenken in Bezug auf die Rolle der Kitas.« Und weiter: »Kitas müssen in Deutschland endlich vom ersten Tag an als Bildungseinrichtungen anerkannt und auch tatsächlich genutzt werden.«
»Bildungspolitik muss über Wahlperioden hinaus gedacht werden«
Prien fordert darin auch eine stärkere Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Sie wünsche sich außerdem einen Kulturwandel hin zu einer nachhaltigen Schulentwicklung, Bildungspolitik müsse »über Wahlperioden hinaus gedacht werden.« Und noch ein Aspekt, bei dem Schulpraktiker und Bildungsverbände erfreut sein dürften: Laut der CDU-Frau sollen ein verstärkter Fokus auf Digitalisierung und der Einsatz von KI-Instrumenten das Bildungssystem moderner und effizienter machen. Die Bundesländer sollen hier laut Prien gemeinsam handeln und von internationalen Vorbildern lernen.
Inwiefern die künftige Bundesbildungs- und Familienministerin aber ihre Ziele und die an sie gestellten Erwartungen umsetzen kann, bleibt abzuwarten. Denn Bildungspolitik ist immer noch Ländersache und der Einfluss aus Berlin damit begrenzt. (GEA)