Vor den im September beginnenden Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie rechnet die IG Metall Baden-Württemberg mit schwierigen Gesprächen. »Die Überschrift lautet: Das wird keine einfache Tarifrunde«, sagte Bezirksleiterin Barbara Resch der Deutschen Presse-Agentur. Die Gewerkschaft fordert für die rund eine Million Beschäftigten der Branche im Südwesten unter anderem sieben Prozent mehr Geld.
Ein Grund für die absehbar schwierigen Gespräche sei auch die wirtschaftliche Flaute. »Die Probleme liegen auf der Hand. Wir erkennen diese und wollen sie auch bearbeiten«, sagte Resch. Nur bei den Lösungen lägen die Gewerkschaft und die Arbeitgeber weit auseinander. »Selbst, wenn wir die Tarifrunde ausfallen lassen würden - was wir natürlich nicht tun werden - verschwinden die Probleme ja nicht.«
Denn der Lohnanteil ist Resch zufolge durch hochautomatisierte Abläufe in der Industrie gar nicht so hoch, wie teils dargestellt. Vielmehr müsse man an den Rahmenbedingungen arbeiten. Als Beispiele nannte sie die Themen Bürokratieabbau, Fachkräftemangel und Energiekosten. »Wenn die Metall- und Elektroindustrie meint, die Wettbewerbsfähigkeit besser zu machen, indem man die Löhne reduziert, dann haben wir verloren. Es wird immer irgendwo auf der Welt eine Fabrik geben, die zu günstigeren Löhnen produziert«, sagte Resch.
Gewerkschaft fordert auch mehr Geld für Azubis
Neben der Lohnsteigerung will die IG Metall erreichen, dass die Ausbildungsvergütungen um 170 Euro je Ausbildungsjahr steigen. Damit sollen Azubis deutlich stärker von der Tarifrunde profitieren. Darüber hinaus will die IG Metall unter anderem Verbesserungen bei der Auswahl zwischen Zeit und Geld erreichen. Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von 12 Monaten haben.
»Unsere Beschäftigten sagen zu Recht, dass die Inflation zwar zurückgegangen, das aber noch nicht wirklich im Geldbeutel angekommen ist«, sagte Resch. Darüber hinaus könne man mit höheren Entgelten Kaufkraft und Nachfrage generieren, was die Wirtschaft ankurble.
Arbeitgeber kritisieren Forderungen
Die Arbeitgeber argumentierten zuletzt, dass die angespannte wirtschaftliche Lage keine großen Lohn- und Gehaltserhöhungen zulasse. Nach Ansicht von Südwestmetall wird die Forderung der Situation vieler Betriebe nicht einmal ansatzweise gerecht: »Einem großen Anteil unserer Firmen geht es nicht nur konjunkturell schlecht«, teilte Verhandlungsführer Harald Marquardt nach dem Beschluss der Tarifforderungen mit.
Die Industrie stehe vor großen Herausforderungen und kämpfe mit immer schlechteren Standortbedingungen. Auch für irgendeine inflationsbedingte Nachschlagdiskussion gibt es ihm zufolge keinen Grund. Ein Tarifergebnis, das nur annähernd die Forderung der IG Metall abbilde, würde viele Unternehmen überfordern. Marquardt hatte bereits im Vorfeld eine »Forderung über der Zahl Null« als unangebracht kritisiert.
Erste Verhandlungsrunde im September
Die ersten Verhandlungen in Baden-Württemberg sollen vor dem 16. September stattfinden. Die regionalen Entgelt-Tarifverträge laufen bundesweit zum 30. September aus. Nach Ablauf der Friedenspflicht wären in dem Konflikt ab Ende Oktober Warnstreiks möglich. In der Regel wird im Laufe der Verhandlungen ein Pilotbezirk vereinbart, dessen Abschluss die übrigen Regionen übernehmen. Bundesweit sind in der Branche 3,9 Millionen Menschen beschäftigt.
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