Logo
Aktuell Landeshauptstadt

Experte: Stuttgarter OB-Wahl ein Warnschuss für Grüne

Kommunalwahlen sind gemeinhin Personenwahlen - bei Landtagswahlen gelten andere Regeln. Und dennoch ist die Rückeroberung des Rathaussessels in der Grünen-Hochburg Stuttgart durch die CDU ein Signal. In vier Monaten muss sich Kretschmann beweisen.

Stuttgarts neuer Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU)
Frank Nopper (CDU) steht nach seiner Wahl zum Stuttgarter OB im Rathaus. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Frank Nopper (CDU) steht nach seiner Wahl zum Stuttgarter OB im Rathaus. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

STUTTGART. Die Stuttgarter Oberbürgermeisterwahl sollte aus Sicht von Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider vor allem den Grünen zu denken geben. »Mit Blick auf die Landtagswahl ist das definitiv ein Fingerzeig für die Grünen, dass sie nicht denken dürfen, die Wahl sei schon gelaufen«, sagte der Professor der Uni Hohenheim der Deutschen Presse-Agentur. »Das ist klar ein Dämpfer für die Grünen.« Die Partei müsse Wahlkampf machen und kampagnenfähig sein. Das sei ihr in Stuttgart nicht gelungen. Im März tritt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zur Wiederwahl an.

In Stuttgart hatte Frank Nopper die Wahl am Sonntag für die CDU mit 42,3 Prozent der Stimmen gewonnen. Grünen-Kandidatin Veronika Kienzle war als Zweitplatzierte des ersten Wahlgangs vor drei Wochen nach einem Disput im Mitte-Links-Lager aus dem Wahlkampf ausgestiegen. Damit hat die CDU das Rathaus in der Grünen-Hochburg Stuttgart nach nur einer Amtszeit von Fritz Kuhn (Grüne) zurückerobert.

»Für die CDU ist das erstmal Rückenwind, aber kein allgemeiner Trend«, sagte Brettschneider, der auch zu politischer Kommunikation forscht. Er verwies auf Göppingen, wo bei der OB-Wahl vor kurzem Amtsinhaber Guido Till (CDU) Alexander Maier (Grüne) unterlegen war.

Dass der unabhängige Kandidat Marian Schreier mit 36,9 Prozent der Stimmen auf Platz zwei landete, erklärte Brettschneider mit den Besonderheiten von Kommunalwahlen. »Das sind Persönlichkeitswahlen.« Auf kommunaler Ebene trauten sich Menschen eher mal den Versuch, einen Kandidaten zu wählen, der nicht an eine Partei gebunden ist.

Schreier hat zwar ein SPD-Parteibuch. Da aber die Stuttgarter Sozialdemokraten einen eigenen Bewerber ins Rennen schicken wollten, hatte sich Schreier im Streit mit der Partei für eine unabhängige Kandidatur entschieden und dies auch im Wahlkampf stets betont.

Am Sonntagabend wertete er sein Abschneiden beim Lokalsender Stuggi.TV als Bestätigung dafür, dass man eine »Politik auch jenseits der etablierten und festgefahrenen Strukturen machen kann«. Das sei ein »Zeichen dafür, dass sich politische Strukturen verändern«. Brettschneider verglich den Achtungserfolg Schreiers mit der OB-Wahl in Freiburg, wo der parteilose Sozialwissenschaftler Martin Horn 2018 den langjährigen Rathauschef Dieter Salomon (Grüne) besiegt hatte.

Bei Landtags- wie auch Bundestagswahlen spielten allerdings Parteien eine größere Rolle, sagte Brettschneider. »Da geht es um langfristige Bindungen.« Wähler hätten gelernt, welche Partei für welche Themen stehe. Dass das auf kommunaler Ebene anders sei, zeige auch der dort vergleichsweise hohe Anteil für die Freien Wähler. (dpa)