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Aktuell Auszeichnung

E-Mobilitäts-Wegbereiter: Nürtinger Unternehmer erhält Deutschen Umweltpreis

Der Nürtinger Unternehmer Thomas Speidel hat von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Deutschen Umweltpreis verliehen bekommen. Ausgezeichnet wurde er für seine Ideen in der Elektromobilität und ein System zum schnelleren Laden von Elektroautos.

Verleihung Deutscher Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung
Die Moorforscherin Franziska Tanneberger und der Ingenieur und Unternehmer Thomas Speidel haben den Umweltpreis 2024 in Mainz bekommen. Foto: Jörg Halisch/DPA
Die Moorforscherin Franziska Tanneberger und der Ingenieur und Unternehmer Thomas Speidel haben den Umweltpreis 2024 in Mainz bekommen.
Foto: Jörg Halisch/DPA

MAINZ. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Stärke demokratischer Prozesse bei der Bewältigung der Klimakrise hervorgehoben. »Dieser Ansatz wird dem Populismus und der Willkür einer Autokratie immer überlegen bleiben«, sagte Steinmeier bei der Verleihung des Deutschen Umweltpreises an die Moorforscherin Franziska Tanneberger und den Unternehmer Thomas Speidel unter dem Applaus des Publikums. 

Die insgesamt mit einer halben Million Euro dotierte Auszeichnung geht zu gleichen Teilen an die Leiterin des Greifswald Moor Centrums, Tanneberger (46), sowie an den Geschäftsführer der ads-tec Energy in Nürtingen bei Stuttgart, Speidel (57). Der Elektrotechnik-Ingenieur, der lange mit Verbrennermotoren gearbeitet hat, wird für die Erfindung eines Hochleistungs-Ladesystems für Elektroautos gewürdigt. 

Die jährlich vergebene Auszeichnung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gehört zu den höchstdotierten Umweltpreisen in Europa. Gewürdigt werden Leistungen zum Schutz und Erhalt der Umwelt. Die DBU versuche die Chancen des Wandels zu betonen, sagte der Kuratoriumsvorsitzende Kai Niebert.

»Wir sind der Klimakrise nicht hilflos ausgeliefert«, betonte Steinmeier. »Wir können die Erderwärmung und das Artensterben bremsen.« Der Bundespräsident appellierte an alle, für Klimaschutz und Biodiversität »das zu tun, was wir können«. 

Steinmeier: »Wir sind der Klimakrise nicht hilflos ausgeliefert«

Wie schnell E-Mobilität flächendeckend Wirklichkeit werde, hänge davon ab, »ob wir Mittel und Wege finden, die noch bestehenden technischen und faktischen Hindernisse im Alltag zu überwinden«, sagte Steinmeier. Dazu gehöre das noch mangelnde flächendeckende Angebot elektrischer Energiezufuhr. 

Verleihung Deutscher Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung
Der Deutsche Umweltpreis 2024 geht an die Moorforscherin Franziska Tanneberger und den Ingenieur und Unternehmer Thomas Speidel. Foto: Jörg Halisch/DPA
Der Deutsche Umweltpreis 2024 geht an die Moorforscherin Franziska Tanneberger und den Ingenieur und Unternehmer Thomas Speidel.
Foto: Jörg Halisch/DPA

Dafür habe Preisträger Speidel mit seiner etwa Telefonzellen-großen Charge-Box eine Möglichkeit erfunden, mit der ein Auto in etwa zehn Minuten aufgeladen werden könne, lobte der Bundespräsident. Dabei handele es sich um batteriegepufferte Schnelllader, die laut Speidel flexibel an Straßen, Firmengebäuden sowie in Wohngebieten ohne Garagen oder Wallboxen aufgestellt werden können. 

Bei Säulen wie der ChargeBox fließt Energie langsam und stetig in den nur etwas mehr als ein Quadratmeter Grundfläche großen Speicher, um dann rasch beim Laden große Mengen auf einmal abzugeben. »Wie bei einem WC-Spülkasten, der sich langsam füllt und sich bei Nutzung ruckzuck leert«, erklärt Speidel. 

Diese batteriegepufferten Superschnelllader können aus Sicht der Jury des Umweltpreises selbst bei schwachem Netz nicht nur minutenschnell E-Fahrzeuge mit Strom betanken. Sie ermöglichen auch auf anderen Feldern Erträge, können lokal erzeugte Solarenergie ebenso speichern wie günstige Energie bei Erzeugungsüberschuss aus dem Netz.

DBU-Generalsekretär Alexander Bonde lobte zudem Speidels »strategischen Weitblick und die dafür notwendige unternehmerische Risikobereitschaft«. Innovationen wie die des Unternehmers seien »echte Wegbereiter« für mehr Elektromobilität, Klimaschutz und eine  umfassende Energiewende.

Nürtinger Unternehmer warnt vor verpasstem Anschluss für Branche

Allerdings steht die Branche ordentlich unter Druck. Denn um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen, sollen nach dem Willen der Bundesregierung rund 15 Millionen E-Fahrzeuge bundesweit zugelassen sein – das ist mehr als das Zehnfache im Vergleich zu 2023. Im selben Zeitraum sollen bundesweit eine Million öffentliche Ladepunkte installiert sein – auch das wäre eine Verzehnfachung. 

Speidel sieht auf diesem Weg noch Bedarf für eine stärkere und zweifelsfreie Fokussierung in der Politik. Er warnt zudem vor einem verpassten Anschluss. »Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob wir die Elektrifizierung wollen und ob Photovoltaik oder Wind wichtige Beiträge zur Energieversorgung leisten können«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. »Diese Grundsatzfrage ist ebenso geklärt wie die Frage nach dem künftigen Antrieb. Dieser ist elektrisch.« 

Verleihung Deutscher Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hebt die Stärke der Demokratie bei der Bewältigung der Klimakrise hervor. Foto: Jörg Halisch/DPA
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hebt die Stärke der Demokratie bei der Bewältigung der Klimakrise hervor.
Foto: Jörg Halisch/DPA

Politische Konsensbildung und Lobbyisten bremsten oft die Einführung von Innovationen. Viele Vorstellungen seien ähnlich eines »Barbie-Wunschlands« und nicht per Vorgabe mit der realen Welt kompatibel. Gesellschaft und Wirtschaft würden obendrein durch eine kleinteilige und erdrückende Bürokratie gebremst. »Der Weg bis zur Ausführung ist wahnsinnig langsam, die Gesellschaft und auch die Wirtschaft werden durch eine erdrückende Bürokratie übermäßig belastet. Das schadet dem Standort und der Wettbewerbsfähigkeit«, sagte Speidel. 

Als Folge habe Deutschland bereits die Solarindustrie und Batterieproduzenten verloren. »Und nun stellt sich die Frage, ob auch Kernindustrien wie der Maschinenbau und das Auto als Nächstes folgen werden«, sagte der Nürtinger. 

Tanneberger will Preisgeld in die Forschung stecken 

Co-Preisträgerin Tanneberger könne konkret darlegen, wie bedeutend intakte Moore für ein gutes Klima und für die Biodiversität seien, sagte Steinmeier. Viele Menschen wären wohl nie darauf gekommen, »welch segensreiche Bedeutung die unheimlichen Moorlandschaften unserer kindlichen Alpträume für unser Klima und unsere Umwelt haben«.

Die Wissenschaftlerin sei eine Brückenbauerin zwischen Wissenschaft und Politik, Wissenschaft und Landwirtschaft und eine Treiberin auch der wirtschaftlichen Nutzung von Moornässung etwa beim Anbau von Dämmmaterialien, sagte DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. Künstlich trockengelegte Moorflächen seien verantwortlich für weltweit etwa vier Prozent der durch Menschen verursachten jährlichen Treibhausgasemissionen. 

Moore seien außer für das Klima und die Biodiversität auch für die Wassersicherheit entscheidend, sagte Tanneberger. Sie machten etwa fünf Prozent der Fläche in Deutschland aus. 95 Prozent davon seien entwässert, weltweit etwa 15 Prozent. 

Tanneberger will das Preisgeld für eine wissenschaftliche Neugründung ausgeben. »Wir wenden direkt an, was wir erforschen«, sagte sie über ihr Institut mit rund 100 Mitarbeitern. Unternehmer Speidel will entweder investieren oder Schulden abzahlen.

Die DBU wurde 1990 gegründet. Das Stiftungskapital stammt aus dem Privatisierungserlös der Salzgitter AG. Es beträgt inzwischen rund 2,48 Milliarden Euro. Seit der Gründung wurden nach eigenen Angaben knapp 11.100 Projekte mit rund 2,07 Milliarden Euro gefördert. (dpa)

Deutsche Bundesstiftung Umwelt