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Aktuell Verkehr

Das sind die fünf Stufen bis zum autonomen Fahren

Was bedeuten Level 2 oder Level 3 – und wie sind die haftungsrechtlichen Fragen bislang geregelt?

Autonomes Fahren
Ein Entwickler bei Mercedes Benz, in einem fahrenden Mercedes vom Typ EQS 580 4Matic unter Anwendung des Drive Pilots. Foto: Carsten Koall
Ein Entwickler bei Mercedes Benz, in einem fahrenden Mercedes vom Typ EQS 580 4Matic unter Anwendung des Drive Pilots.
Foto: Carsten Koall

STUTTGART/REUTLINGEN. Ein Testfahrzeug mit modernen Assistenzsystemen war in einen tödlichen Unfall auf der Alb bei Römerstein verwickelt. Welche Rolle die Software-Unterstützung des Wagens bei dem Unfall spielte, ist laut Polizei bislang unklar. Nach Angaben des Herstellers verfügte der Unfallwagen über Fahrassistenzsysteme des Level 2. Wie sehr moderne Software Autos beim automatisierten und autonomen Fahren unterstützt, ist in fünf Level eingeteilt.

- Was bedeuten im Zusammenhang mit automatisiertem Fahren die verschiedenen Level beziehungsweise Stufen?

Die Einstufung wurde vor einigen Jahren von der amerikanischen Branchenorganisation SAE vorgenommen. Vom Selbstfahren bis zum vollautomatisierten autonomen Fahren gibt es fünf Stufen, wobei die Stufe 0 der Selbstfahrer ist, der sein Auto noch vollständig selbst fährt, lenkt, beschleunigt und abbremst.

Bei Stufe 1 unterstützen Assistenzsysteme wie der Abstandstempomat den Fahrer. Unter Level 2 fallen Fahrassistenzsysteme, die zum Beispiel gleichzeitig das Auto in der Spur und den Abstand zum vorherigen Fahrzeug halten können. Der Mensch am Steuer bleibt dabei immer in der Verantwortung und muss stets bereit sein, einzugreifen. Er haftet laut ADAC auch weiter für Verkehrsverstöße und Schäden. Zu Level-2-Systemen gehören etwa Teslas »Autopilot« sowie Fahrassistenzangebote anderer Hersteller. Systeme dieser Stufe können Fahrzeugkäufer vor allem bei hochwertigeren Autos zumeist optional ordern.

In der nächsten Stufe – Level 3 – übernimmt das Fahrzeug unter strikt vorgegebenen Voraussetzungen die Kontrolle vom Menschen am Steuer. Der Hersteller trägt in dieser Zeit auch die Haftung. In Deutschland brachte Mercedes in diesem Jahr als erster Hersteller sein Level-3-System mit dem Namen »Drive Pilot« in Serienfahrzeuge. Es funktioniert nur auf Autobahnen, bei Geschwindigkeiten von bis zu 60 Kilometern pro Stunde und nur im stockenden Verkehr solange der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht zu groß wird. Wenn diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, fordert das System den Fahrer auf, wieder die Kontrolle zu übernehmen. Tut er es nicht, wird der Wagen kontrolliert zum Stehen gebracht.

Bei Level 4 soll sich das Fahrzeug zumindest in bestimmten Situationen – etwa als Roboter-Taxi in einem klar festgelegten Gebiet – komplett selbst steuern können und den Fahrer nicht mehr zur Übernahme der Kontrolle auffordern. Solche Wagen sollen ohne Lenkrad und Pedale auskommen können. Für Level 5 gilt dann, dass die Systeme in der Lage sind, unter allen Umständen die Steuerung zu übernehmen. Das Auto fährt völlig autonom und benötigt keinen Fahrer mehr. Festgelegt werden muss nur noch das Ziel der Fahrt.

- Das autonome Fahren wirft schwierige Fragen auf. Was sagt der Verkehrsgerichtstag dazu?

Auch der Deutsche Verkehrsgerichtstag hat sich schon mit den Problemen befasst. Die ständige Kommission des 53. Deutschen Verkehrsgerichtstags ging im Januar 2015 davon aus, dass eine vollständige und dauerhafte Einführung des Systems nach den derzeitigen rechtlichen Möglichkeiten nicht gegeben ist. Der Fahrer müsse selbst durch Ab- oder Anschalten darüber entscheiden können, welcher Fahrmodus nun gilt. Es stellt sich die bislang unbeantwortete Frage, inwieweit der Fahrer im hochautomatisierten Fahrbetrieb noch haftet oder sanktioniert werden kann. Bislang gibt es auch international unterschiedliche Rechts- und Werteverständnisse.

Um die Ansprüche potenziell Geschädigter zuverlässig zu erfüllen, ist laut ADAC bei Level 4 und 5 zusätzlich zur Haftpflichtversicherung des Kfz-Halters eine Haftpflichtversicherung für die technische Aufsicht vorgeschrieben. Die strafrechtliche Verantwortung für Verkehrsverstöße des autonomen Fahrzeugs müsse jeweils im Einzelfall ermittelt werden. Neben individuellem Verschulden einzelner Akteure kommt auch Organisationsversagen, zum Beispiel beim Hersteller oder Betreiber in Betracht.

- Der Bundestag hat eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes beschlossen. Worum geht es?

Seit 2017 dürfen Fahrzeuge mit einem hohen Automatisierungsgrad in Deutschland eingesetzt werden. Ein neues Gesetz zum autonomen Fahren ist am 20. Mai 2021 vom Bundestag beschlossen worden. Mit dem Gesetz wollte die Bundesregierung einen Regelungsrahmen schaffen, damit autonome Fahrzeuge (Level 4) künftig bundesweit ohne einen physisch anwesenden Fahrer in festgelegten Betriebsbereichen des öffentlichen Straßenverkehrs im regelmäßigen Betrieb gefahren werden können. Kritisiert wird an dem neuen Gesetz unter anderem eine Vorratsdatenspeicherung mittels einer Art Blackbox wie in Flugzeugen. Die Daten werden für sechs Monate gespeichert und dann gelöscht. Bei einem zwischenzeitlichen Unfall allerdings bleiben sie länger erhalten. (dpa/jr)