Das Statistische Bundesamt hat bei der Erhebung der Daten für den Zensus vereinzelt mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Rund 200 sogenannte Reichsbürger haben schriftlich angekündigt, dass sie die Teilnahme am Zensus 2022 verweigern wollen. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Unionsfraktion hervorgeht, störten vereinzelt auch technische Probleme den Ablauf der Erhebung und des Mahnverfahrens für säumige Auskunftspflichtige.
Die Interviewer, die an der Haustür klingeln, um Daten für den Zensus zu erheben, hatten den Angaben zufolge bei Schulungen der Statistischen Landesämter auch Tipps zum Umgang mit Widerständen und Konfliktsituationen erhalten. Die Bundesregierung teilte mit: »Es wurde explizit darauf hingewiesen, dass Erhebungsbeauftragte sich zu keiner Zeit in Gefahr begeben sollen und im Bedarfsfall die Erhebung abgebrochen werden soll.«
In der Antwort der Regierung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es, in einer »Telegram«-Gruppe mit mehreren Tausend Mitgliedern werde zum Boykott aufgerufen. Zudem würden dort Vorlagen für entsprechende Schreiben gepostet und fälschlicherweise behauptet, man müsse zum Zensus nicht melden. »Reichsbürger und Selbstverwalter« zweifeln die Legitimität der Bundesrepublik an. Sie weigern sich oft, Steuern zu zahlen. Zu den überregional aktiven Gruppierungen zählen Zusammenschlüsse mit Namen wie »Staatenbund Deutsches Reich« oder »Königreich Deutschland«. Der Verfassungsschutz rechnet der Szene rund 21.000 Anhänger zu.
Verpflichtende Teilnahme
Die Teilnahme am Zensus ist verpflichtend. Verweigerern droht ein Bußgeld. Die Befragung hatte Mitte Mai begonnen. Rund 20,7 Millionen Fragebögen haben Wohnungseigentümer beim Zensus 2022 schon ausgefüllt, doch es fehlen noch zahlreiche Rückmeldungen. Deshalb beginnen zur Zeit Mahnverfahren, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Insgesamt sollen alle etwa 23 Millionen Eigentümerinnen und Eigentümer oder Verwaltungen von Wohnraum Auskunft geben.
Der Zensus 2022 ist keine klassische Volkszählung, wie es sie in der Bundesrepublik 1987 zum letzten Mal gab. Vielmehr werden - wie schon beim Zensus 2011 - Daten, die in der Verwaltung ohnehin vorliegen, etwa beim Einwohnermeldeamt, durch die Erhebung aktueller Informationen ergänzt. Rund 100.000 Interviewer befragen dafür zufällig ausgewählte Menschen am Wohnort. Eine zweite Befragung betrifft das Wohnen und läuft schriftlich ab. Außerdem gibt es eine Zweitbefragung einzelner Teilnehmer, die aber nur der Sicherung der Qualität der Erhebung dient. Die Veröffentlichung aller durch den Zensus 2022 generierten Statistiken für Bund und Länder ist für November 2023 geplant.
In ihrer Antwort auf die Fragen der Unionsfraktion teilte die Bundesregierung mit, ihr seien Einzelfälle bekannt, in denen Mahnverfahren gegen Auskunftspflichtige eingeleitet worden seien, die ihre Daten bereits abgegeben hätten. »Dies war in wenigen Fällen mit einer temporären Einschränkung im Erhebungsunterstützungssystem verbunden, die nach Bekanntwerden behoben wurden«, führte das Bundesinnenministerium weiter aus.
Noch stimmt der Zeitplan
Nach Beschwerden über Software-Probleme hatte das Bundesinnenministerium im Juli eingeräumt, »bei einzelnen Funktionalitäten in der Software zur Erhebungsunterstützung« sei es punktuell zu Einschränkungen gekommen. Der Zeitplan des Zensus sei dadurch aber nicht gefährdet.
Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor kündigte an: »Als CDU/CSU-Bundestagsfraktion werden wir dafür Sorge tragen, dass alle relevanten Abläufe nach dem Ende der Volkszählung und nach der Auswertung der Ergebnisse einer sehr gründlichen Analyse mit allen beteiligten Stellen unterzogen werden.«
Problematisch findet der Sprecher der Unionsfraktion für Staatsmodernisierung auch, dass viele Immobilieneigentümer parallel zum Zensus weitere Post mit der Aufforderung zur Grundsteuererklärung erhalten haben. »Das ist wenig bürgerfreundlich und sorgt natürlich bei einigen für Verwirrung, zumal teilweise ähnliche Daten von den Behörden abgefragt werden«, kritisierte er. Die Bundesregierung hätte Zensus und Grundsteuererhebung zeitlich besser aufeinander abstimmen müssen. (dpa)