Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat sich unzufrieden mit der Rolle seiner Partei in der Ampel-Koalition gezeigt. »Die SPD muss in der Bundesregierung die starke soziale Kraft sein, das ist ihre Rolle und das ist die Erwartung der Menschen. Nicht nur ich, sondern alle Ministerpräsidenten der SPD wünschen sich, dass die SPD diese Rolle wieder stärker annimmt«, sagte Woidke im Interview mit »Zeit Online«.
Bei der Debatte um das umstrittene geplante Heizungsgesetz hätte er es begrüßt, wenn die SPD im Bund gesagt hätte: »Bis hierhin und nicht weiter.« Zugleich mahnte Woidke im Interview, die AfD nutze die Fehler der Bundesregierung aus.
Der SPD-Regierungschef kritisierte das geplante Heizungsgesetz und sagte: »Wer die Sensibilität für die Menschen verliert, wer nicht mehr weiß, wie sie ticken, der darf sich nicht wundern, wenn sich die Leute von den etablierten Parteien abwenden - und die Demokratie Schaden nimmt.«
Woidke: Gesetzentwurf miserabel kommuniziert
Das Gebäudeenergiegesetz sei ein Beispiel dafür, dass die Sensibilität dafür fehle, was man Menschen zumuten dürfe und was nicht. »Wenn in einem Gesetzentwurf jede soziale Komponente fehlt und dazu noch so miserabel kommuniziert wird, dass Oma Frieda denken muss, sie müsse nun eine Wärmepumpe in ihr 80 Jahre altes Haus einbauen lassen und ihm zusätzlich noch eine Wärmedämmung verpassen und dafür insgesamt 150.000 Euro zahlen, dann ist das verheerend.« Woidke weiter: »Das Signal, das man damit aussendet, lautet: Es ist mir egal, wie du mit meinen Regelungen klarkommst, der Klimaschutz steht über allem anderen. Und wenn du dabei verarmst, ist das nachrangig.« Dieses Signal trage heute noch zu den Umfragewerten der AfD bei.
Woidke ließ eine Zustimmung im Bundesrat zu dem Gesetz in seiner bisherigen Form offen. »Bis heute ist doch nicht klar, wie viel Unterstützung jemand bekommt, der in sein 80 bis 100 Jahre altes Haus eine neue Heizung einbauen lassen muss.« Woidke sagte »Zeit Online«: »Ich werde dem Gesetz nur dann zustimmen, wenn es klare Antworten auf die vielen sozialen Fragen gibt.«
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