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Wissler: »Wir haben verstanden als Linke«

Drei Tage Krisen-Parteitag liegen hinter der Linken. Sie hat mit Janine Wissler und Martin Schirdewan ein neues Führungsduo. Und viele Forderungen an die Bundesregierung. Wird das reichen?

Janine Wissler
»Wir sind wieder da«: Janine Wissler. Foto: Martin Schutt
»Wir sind wieder da«: Janine Wissler.
Foto: Martin Schutt

Die Linke sucht mit einer neuen Doppelspitze und nachgeschärften Positionen den Weg aus ihrer Krise.

Ein Bundesparteitag in Erfurt bestätigte am Wochenende die Vorsitzende Janine Wissler im Amt - trotz Wahlniederlagen und Streits bekommt die 41-Jährige eine zweite Chance. Ihr Co-Parteichef wird der Europapolitiker Martin Schirdewan. Die Delegierten schärften zudem die Linie der Partei gegenüber Russland und verlangten ehrgeizigere Klimaziele.

»Wir haben verstanden als Linke«, sagte der 46-jährige Berliner Schirdewan nach seiner Wahl. »Wir sind wieder da.« Stärker als bisher werde sich die Linke um Themen wie explodierende Energie- und Lebensmittelpreise und hohe Mieten kümmern. Wissler sagte über Schirdewan: »Wir kennen und wir mögen uns. Und wir wissen, wo wir hinwollen.«

»Der Parteitag hat eine Tür aufgestoßen«

Die Linke hatte bei der Bundestagswahl und bei den Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen sehr schlecht abgeschnitten. Viele Parteivertreter sprechen von einer Existenzkrise. Am Sonntag zog Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch eine positive Bilanz: »Der Parteitag hat eine Tür aufgestoßen.« Doch solche Treffen allein veränderten nichts, sondern die künftige Arbeit: »Solidarität nach innen und Attacke nach außen, ab Montag.«

Nach sehr langen Debatten stimmten die Delegierten mehrheitlich für eine nachgeschärfte Linie zu Russland und zur Nato. Dabei setzten sich Wissler und der Parteivorstand gegen eine Gruppe um die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht durch. Diese wollte die Mitverantwortung der Nato im Vorlauf zum Ukraine-Krieg betonen.

Parteiprogramm verlangt die Auflösung der Nato

Für die Linke war das ein Grundsatzstreit. Vor dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar hatten viele in der Partei großes Verständnis für russische Interessen geäußert. Das gültige Parteiprogramm verlangt die Auflösung der Nato, die durch ein »kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands« ersetzt werden soll. Von dieser Linie setzt sich der neue Beschluss ein Stück weit ab.

Die Fassung, für die auch Wissler geworben hatte, verurteilt den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine scharf. Zugleich kritisiert auch dieser Antrag die Nato für ein »Denken in geopolitischen Einflusszonen und ein Wettrüsten insbesondere zwischen der Nato, Russland und China«. Das 100-Milliarden-Euro-Programm für die Bundeswehr wird verurteilt, Waffenlieferungen an die Ukraine werden abgelehnt.

Schon am Samstag votierten die Delegierten für eine drastische Verschärfung des Klimaziels: Deutschland soll nach dem Willen der Partei bereits 2035 klimaneutral sein, also keine zusätzlichen Treibtreibhausgase in die Atmosphäre blasen. Bisher lautet das Ziel der Bundesregierung 2045. Notwendig sei das größte Investitionsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik: jährlich allein 20 Milliarden Euro für die Energiewende.

© dpa-infocom, dpa:220625-99-801549/7