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Wird Deutschland Puigdemont an Spanien ausliefern?

Die spanische Justiz hat am Freitag neue europäische Haftbefehle gegen katalanische Separatistenführer erlassen. Nur zwei Tage später wird der frühere Regionalpräsident Puigdemont auf einer Raststätte in Deutschland gefasst. Wird Deutschland ihn ausliefern?

Kataloniens Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont
Ist bei der Einreise von Dänemark nach Deutschland festgenommen worden: Kataloniens Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont. Foto: Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE
Ist bei der Einreise von Dänemark nach Deutschland festgenommen worden: Kataloniens Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont. Foto: Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE

Kiel/Barcelona. Der von der spanischen Justiz verfolgte katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont ist in Deutschland festgenommen worden. Nach Angaben der Polizei wurde der ehemalige Regionalpräsident am Sonntagmittag bei der Einreise aus Dänemark auf einer Autobahnraststätte an der A7 bei Schleswig gestoppt. Grundlage sei ein europäischer Haftbefehl, sagte ein Sprecher des Landespolizeiamts in Kiel. In Spanien wird gegen Puigdemont wegen des verbotenen Unabhängigkeitsreferendums vom Oktober unter anderem wegen Rebellion ermittelt. Bei einer Rückkehr in die Heimat droht ihm die sofortige Inhaftierung.

Die Justiz in Schleswig-Holstein prüft jetzt, ob Puigdemont in Auslieferungshaft genommen wird. Die Entscheidung des zuständigen Amtsgerichtes falle mit einiger Wahrscheinlichkeit erst an diesem Montag, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Ralph Döpper der Deutschen Presse-Agentur. Der 55-Jährige wurde am Sonntagnachmittag in die Justizvollzugsanstalt Neumünster gebracht.

Der Oberste Gerichtshof Spaniens hatte am Freitag Strafverfahren gegen Puigdemont und weitere zwölf Regionalpolitiker eröffnet. Gegen sieben Separatisten, die sich ins Ausland abgesetzt hatten, wurden neue Haftbefehle erlassen, darunter auch gegen Puigdemont. Ihnen drohen in der Heimat bis zu 30 Jahre Haft.

Nach dem von Madrid für illegal erklärten Unabhängigkeitsreferendum sowie einem Beschluss zur Abspaltung Kataloniens von Spanien war Puigdemont Ende Oktober 2017 von der spanischen Zentralregierung als Regionalpräsident abgesetzt worden. Unmittelbar nach seiner Amtsenthebung setzte sich Puigdemont nach Brüssel ab, um der spanischen Justiz zu entkommen.

Schon damals hatte Spanien einen europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont beantragt. Aber noch während in Belgien die Anhörungen liefen, zog das Oberste Gericht in Spanien diesen Anfang Dezember überraschend zurück. In Belgien und anderen Ländern konnte er sich daher frei bewegen. Der neue Antrag folgte nach spanischen Medienberichten am Freitagabend.

Puigdemont hatte sich in den vergangen Tagen zu Gesprächen im finnischen Parlament aufgehalten, am Freitag hielt er eine Rede an der Universität Helsinki. Anschließend wollte er nach Angaben seines Sprechers über Dänemark und Deutschland zurück nach Belgien reisen. Finnland hatte sich auf spanischen Antrag bereiterklärt, Puigdemont zu verhaften, doch kam die Entscheidung offenbar zu spät.

Kräfte der Landespolizei Schleswig-Holstein nahmen Puigdemont am Sonntag um 11.19 Uhr auf einer Raststätte nahe der Autobahnabfahrt Schleswig-Schuby fest. Zuvor hatten die Sicherheitsbehörden nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur einen Tipp bekommen. Döpper sagte dazu lediglich: »Wir hatten nur die Erkenntnisse, dass er sich in Deutschland aufhalten soll beziehungsweise einreist.«

Nach »Focus«-Informationen soll der spanische Nachrichtendienst Puigdemont die ganze Zeit im Visier gehabt haben. Als er sich von Finnland in Richtung Deutschland aufgemacht habe, hätten die Spanier die Fachabteilung »Sirene« beim Bundeskriminalamt informiert. Diese habe dann den entscheidenden Hinweis an die Polizei in Schleswig-Holstein gegeben.

Die Linke forderte, Puigdemont sofort wieder frei zu lassen. Die Festnahme sei eine »Schande«, erklärte der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko. »Puigdemont wurde auf Grundlage des EU-Haftbefehls festgenommen, weil er in Spanien wegen «Rebellion» angeklagt ist.« Rebellion sei aber kein europäischer Straftatbestand und gehöre nicht zu den 32 Delikten, nach denen auf Grundlage des EU-Haftbefehls ausgeliefert werden muss.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki, ein erfahrener Jurist, schloss daher in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Montag) aus, dass es zu einer Auslieferung wegen dieses Straftatbestands kommen wird. Eine Auslieferung aus anderen Gründen sei aber natürlich denkbar.

Die spanische Justiz blockiert derzeit mit der Verhängung mehrerer Haftbefehle gegen katalanische Separatistenführer die Regierungsbildung in Katalonien. Das Regionalparlament in Barcelona unterbrach am Samstag die Wahl von Jordi Turull zum neuen katalanischen Präsidenten, weil Turull am Vortag festgenommen worden war. Auch im Ausland erhöht Spanien die Fahndungsdruck auf Anführer der Separatistenbewegung.

Aus Protest gegen die Festnahme Puigdemonts rief die Separatistenorganisation ANC für den frühen Sonntagabend zu einer Kundgebung auf. Die Demonstranten wollten von der Vertretung der Europäischen Kommission zum deutschen Konsulat in Barcelona marschieren. (dpa)