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Wieder Streiks gegen Macrons Rentenreform erwartet

Hunderttausende gingen vergangene Woche gegen die Rentenpläne von Frankreichs Regierung auf die Straße. Die Gewerkschaften hoffen, dass es dieses Mal noch mehr werden. Die Regierung hält an ihrem Kurs fest. Am stellt sich die Frage: Wer ist stärker?

Protest in Marseille
In Marseille protestieren Demonstranten gegen die geplante Rentenreform von Präsident Macron. Foto: Louai Barakat/IMAGESLIVE via ZUMA Wire/dpa
In Marseille protestieren Demonstranten gegen die geplante Rentenreform von Präsident Macron. Foto: Louai Barakat/IMAGESLIVE via ZUMA Wire/dpa

Paris (dpa) - Massive Streiks und Großdemonstrationen: Frankreich steht am Dienstag einen neuer Massenprotest gegen die geplante Rentenreform bevor. Gewerkschaften haben zu einem großen Protestmarsch in Paris aufgerufen. Außerdem soll es wieder branchenübergreifende Arbeitsniederlegungen geben.

Die Streiks im Nah- und Fernverkehr sollen am sechsten Tag in Folge weitergehen. Sie haben den öffentlichen Verkehr im Land seit vergangener Woche fast lahmgelegt. Rund 20 Prozent der Flüge sollen ausfallen.

Die Mitte-Regierung will am Mittwoch ihre Pläne für die Rentenreform vorlegen. Sie ein großes Wahlversprechen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron - und könnte für den als Reformer angetretenen 41-Jährigen zu einer harten Prüfung werden. Die Regierung will die Privilegien für bestimmte Berufsgruppen auf längere Sicht beenden und ein universelles System schaffen, das für alle gilt. Denn momentan gibt es insgesamt 42 Renten-Einzelsysteme in Frankreich. Sie regeln etwa Renteneintrittsalter und -höhe oder eventuelle Prämien.

Der Hochkommissar für Renten, Jean-Paul Delevoye, verteidigte am Montagabend nach einem Treffen mit Sozialpartnern die Pläne. »Ich bin überzeugt, dass der Status quo nicht nachhaltig ist, dass dieses Projekt unerlässlich ist und dass uns zukünftige Generationen dankbar sein werden«, erklärte er. Gewerkschafter zeigten sich nach dem Treffen wenig überzeugt. Man habe nicht viel von dem Treffen erwartet, deshalb sei man auch nicht enttäuscht, sagte Michel Beaugas, Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes Force ouvrière, dem Sender Franceinfo. »Wir wurden von der Regierung überhaupt nicht gehört, und ich denke, dass die Mobilisierung morgen notwendig ist.«

Wieder sollen am Dienstag nur 20 Prozent der Hochgeschwindigkeitszüge TGV fahren, auch bei Regionalzügen gibt es massive Störungen, wie die französische Staatsbahn SNCF mitteilte. Das betrifft auch den Verkehr zwischen Deutschland und Frankreich. Auch bei der Pariser Metro werden die meisten Linien erneut nicht bedient. Bereits am Montag herrschte in den wenigen Zügen, die fuhren, massives Gedränge. Bahnsteigkanten waren überfüllt, viele große Stationen blieben geschlossen.

Am vergangenen Donnerstag gingen Hunderttausende gegen die geplante Rentenreform auf die Straße. Die Gewerkschaften hoffen nun, dass sich bei dem neuerlichen Protestmarsch noch mehr Menschen anschließen werden. Die Pariser Polizeipräfektur hat angeordnet, dass auf der Demonstrationsroute in Paris vom Place Vauban bis zum Place Denfert-Rochereau im Süden der Stadt die Läden aus Sicherheitsgründen geschlossen bleiben müssen. Auf der Prachtstraße Champs-Élysées sind nach den gewaltigen »Gelbwesten«-Protesten in diesem und im vergangenen Jahr Demonstrationen am Dienstag untersagt.

Die Gewerkschaften sträuben sich vor allem gegen die Abschaffung der Einzelsysteme, von denen viele Sonderregelungen mit sich bringen. Frankreichs Rentensystem ist extrem zersplittert. Unter den gut 40 Einzelsystemen gibt es zahlreiche Spezialkassen für bestimmte Berufsgruppen wie die Eisenbahner. Die Gewerkschaften fürchten, dass ein gemeinsames System für alle den besonderen Anforderungen an manche Berufe nicht gerecht wird.

Außerdem haben sie Sorge, länger arbeiten zu müssen. Derzeit liegt das gesetzliche Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren. Nicht jeder Rentner erhält volle Bezüge, wenn er in diesem Alter in Rente geht, es hängt von der Anzahl der Beitragsjahre ab. Macron hat deutlich gemacht, dass er das gesetzliche Eintrittsalter zwar nicht erhöhen will. Aber die Franzosen sollen mit finanziellen Anreizen dazu gebracht werden, länger zu arbeiten.

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