Die langfristige Unterstützung für die Ukraine ist eines der zentralen Ziele von Olaf Scholz (SPD) bei seinem ersten G7-Gipfel als Kanzler.
Vor gut einem Monat verständigten sich die Finanzminister der Gruppe wirtschaftsstarker Demokratien auf zusätzliche kurzfristige Budgethilfen in Höhe von 9,5 Milliarden Dollar (knapp 9 Milliarden Euro). Seit Jahresbeginn hätten sie damit insgesamt 19,8 Milliarden Dollar (18,9 Milliarden Euro) an Finanzhilfen für die Ukraine mobilisiert, hieß es damals in der Abschlusserklärung.
Waffen, Kredite, Zuschüsse
Wie helfen die einzelnen Mitglieder der G7-Gruppe, die von Sonntag bis Dienstag im bayerischen Elmau zusammenkommen? Neben Deutschland und den USA gehören auch Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan und Kanada zu der Gruppe.
G7
Von den 9,5 Milliarden Dollar zusätzlicher Finanzhilfen der G7 kommt nach Darstellung aus dem Bundesfinanzministerium rund eine Milliarde in Form von Garantien oder Krediten. Deutschland gebe Zuschüsse in der Größenordnung von einer Milliarde. Die USA hätten zugesagt, 7,5 Milliarden Dollar zu mobilisieren.
Die Ukraine hatte für drei Monate um Hilfen von je rund 5 Milliarden Euro gebeten. Kiew braucht das Geld, um etwa Renten und die Gehälter von Staatsbediensteten zu bezahlen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte betont, er sehe keine Notwendigkeit für eine weitere Geldsammelrunde in Elmau.
Deutschland
Seit 2014, dem Jahr der Krim-Annexion durch Russland, hat Deutschland die Ukraine mit rund 1,83 Milliarden Euro unterstützt, wie ein Regierungssprecher mitteilte. Seit Beginn des Kriegs am 24. Februar stellt das Entwicklungsministerium zusätzlich ein Sofortprogramm von aktuell rund 185 Millionen Euro bereit - etwa für den Katastrophenschutz, die Versorgung von Binnenvertriebenen und für aufnehmende Gemeinden. Darüber hinaus hat Deutschland seitdem 440 Millionen Euro für humanitäre Hilfe bereitgestellt. Scholz kündigte bei einem Besuch in Kiew am 14. Februar einen weiteren ungebundenen Kredit in Höhe von bis zu 150 Millionen Euro an.
Die Bundesregierung hat nach eigener Darstellung unter anderem sieben Panzerhaubitzen, 500 Fliegerabwehrrakete vom Typ Stinger, 16 Millionen Schuss Handwaffenmunition und 100.000 Handgranaten geliefert. Zudem wurden drei Mehrfachraketenwerfer, 30 Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard und ein Raketenabwehrsystem vom Typ Iris-T zugesagt, aber noch nicht geliefert. Im Haushaltsverfahren wurden die Mittel für die Ertüchtigungsinitiative des Verteidigungsministeriums auf zwei Milliarden Euro für 2022 erhöht - vornehmlich zur Unterstützung der Ukraine zugutekommen.
USA
Die USA haben der Ukraine seit Beginn des Krieges nach eigenen Angaben Waffen und Ausrüstung im Wert von 6,1 Milliarden US-Dollar (5,8 Milliarden Euro) zugesagt oder geliefert. Dazu gehören nach Angaben des Pentagon etwa schwere Waffen wie Haubitzen und Mehrfach-Raketenwerfer, aber auch Drohnen, Hubschrauber oder gepanzerte Mannschaftstransporter. Der US-Kongress hat seit März zwei Pakete beschlossen, in denen Notfallmittel im Zusammenhang mit dem Krieg in Höhe von mehr als 53 Milliarden Dollar bewilligt wurden.
Neben direkter militärischer Unterstützung für die Ukraine sind in diesen Paketen auch Mittel für viele andere Bereiche vorgesehen, zum Beispiel für Wirtschaftshilfe für die Ukraine, für humanitäre Hilfe für Flüchtlinge aus dem Land oder zur Bewältigung der durch den Krieg ausgelösten Nahrungsmittelkrise. Weitere Milliardenbeträge sollen beispielsweise zur Aufstockung der US-Truppen in Europa dienen oder dazu, die US-Lagerbestände nach Waffenlieferungen an die Ukraine wieder mit militärischer Ausrüstung aufzufüllen.
Großbritannien
Die Regierung in London agiert bisher vor allem als Waffenlieferant. So hat Großbritannien der Ukraine unter anderem Mehrfachraketenwerfer vom Typ M270, Tausende Panzerabwehrwaffen, Hunderte Kurzstreckenraketen, 120 gepanzerte Fahrzeuge sowie einige Flugabwehrsysteme vom Typ Starstreak geliefert oder zugesagt. Dazu kommen Munition sowie Hilfsmittel wie Nachtsichtgeräte.
Außerdem hat die Regierung von Premierminister Boris Johnson Hilfszahlungen in Höhe von 220 Millionen Pfund (256 Millionen Euro) versprochen. Davon geht die Hälfte an die UN und das Rote Kreuz. Hinzu kommen Millionen Medikamente und Gesundheitsgüter sowie Hunderte Generatoren. London hat zudem bis zu 20 Krankenwagen versprochen sowie 13 gepanzerte Fahrzeuge, die bei der Rettung von Zivilisten aus Gefahrensituationen helfen sollen.
Frankreich
Vor einem Monat kündigte Präsident Emmanuel Macron eine Erhöhung der Finanzzusagen seines Landes an die Ukraine um 300 Millionen auf 2 Milliarden Dollar (1,9 Milliarden Euro) an. Nach Kriegsausbruch hatte Frankreich bereits Hilfsgüter für 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Nicht enthalten in den Summen ist die Militärhilfe, zu der Frankreich sich eher bedeckt hält. Bereits Mitte April teilte das Verteidigungsministerium mit, Frankreich habe der Ukraine für 100 Millionen Euro Militärmaterial geliefert. Später folgte die Lieferung von Haubitzen des Typs Caesar, insgesamt 18 der Geschütze soll die Ukraine erhalten, sagte Macron kürzlich.
Italien
Die Regierung in Rom sagte der Ukraine vor allem humanitäre Hilfen zu, etwa bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Trotz innenpolitischer Kritik auch aus Teilen der Regierungsparteien rang sich die Regierung zu Lieferungen von schweren Waffen durch, die in drei Dekreten beschlossen wurden.
Italien macht die Details nicht öffentlich. Berichten zufolge gehören Stinger-Raketen, Haubitzen und Panzerabwehrraketen dazu. Laut Medien kosteten die Lieferungen des ersten Dekrets bis zu 150 Millionen Euro. Verteidigungsminister Lorenzo Guerini deutete später an, die beiden anderen Dekrete hätten einen ähnlichen Umfang.
Gleich am ersten Kriegstag, dem 24. Februar, hatte Italien der Ukraine einen Kredit über 110 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Im April kamen noch mal 200 Millionen Euro dazu, wie Finanzminister Daniele Franco sagte. Darüber hinaus stellte Rom mehr als 900 Millionen Euro für die Aufnahme von Flüchtlingen in Italien bereit.
Kanada
Die schwersten Waffen, die Ottawa bislang in die Ukraine geschickt hat, sind vier Artillerie-Geschütze vom Typ M-777. Zudem stellte die Regierung von Justin Trudeau Kiew unter anderem Tausende Raketenwerfer, Handgranaten und Munition zur Verfügung. Umgerechnet 200 Millionen Euro flossen als Militärhilfe bereits in die Ukraine. In Kanadas Budget für 2022 sind umgerechnet 365 Millionen an Unterstützung vorgesehen.
Getrennt von der militärischen finanziellen Unterstützung teilte das Finanzministerium in Ottawa zuletzt mit, umgerechnet bislang insgesamt 1,37 Milliarden Euro durch den Internationalen Währungsfonds als Darlehen bereitgestellt zu haben.
Mit diesem Geld solle unter anderem die Wirtschaft der Ukraine stabilisiert werden. Zudem hat die kanadische Regierung nach der Invasion Russlands mehr als 1000 Personen und Organisationen mit Sanktionen belegt und Zölle für Produkte aus Russland deutlich angehoben.
Japan
Das Land gewährt der Ukraine humanitäre Soforthilfe in Höhe von 200 Millionen Dollar (190 Millionen Euro) in Bereichen wie Gesundheit, medizinische Versorgung, Nahrung und Schutz von Menschen in der Ukraine und in Nachbarstaaten durch internationale Organisationen. Hinzu kommen 600 Millionen Dollar (571 Millionen Euro) an finanzieller Unterstützung in Form von Krediten.
Japan schickt zwar keine Waffen in die Ukraine, weil dies die pazifistische Nachkriegsverfassung nicht zulässt. Es ist jedoch ein großer Schritt für das Land, dass es erstmals einer Kriegspartei Ausrüstung zur Verfügung stellt, darunter schusssichere Westen, Zelte, Stahlhelme, Winteruniformen, Schutzkleidung gegen Chemiewaffen sowie kommerzielle Drohnen zur Aufklärung - alles direkt aus den Beständen der bewusst so genannten Selbstverteidigungsstreitkräfte.
Ferner transportiert Japan Hilfsgüter des UNHCR mit Flugzeugen seiner Streitkräfte und stellt Personal für die medizinische Versorgung von Evakuierten zur Verfügung. Darüber hinaus nimmt Japan, das normalerweise äußerst restriktiv bei der Gewährung von Asyl ist, Evakuierte aus der Ukraine auf und bietet bereits in Japan lebenden ukrainischen Staatsbürger eine Verlängerung ihrer Visa an.
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