Klimaaktivisten haben an mehreren Orten in Nordrhein-Westfalen ihren Proteste gegen den Abbau von Braunkohle und den Abriss von Lützerath fortgesetzt. Erneut kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Unter anderem wurden ein Bagger sowie Schienen und Zufahrtsstraßen blockiert. RWE kündigte Strafanzeigen an.
In der Nähe der inzwischen geräumten und zum Abriss vorgesehenen Ortschaft Lützerath versammelten sich mehrere Hundert Demonstranten. Darunter war auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg. Nach Angaben der Polizei lösten sich Menschen aus der Demonstration heraus und machten sich in Richtung des Tagebaus Garzweiler auf. Das Betreten der steilen Tagebaukante und von Lützerath ist untersagt.
Thunberg wurde dabei als eine von mehreren Demonstranten von Polizisten von der Abbruchkante weggetragen. Das beobachtete ein dpa-Fotograf. Thunberg wurde demnach von drei Polizisten weggetragen und nach gut 50 Metern abgesetzt, um eine Personenkontrolle durchzuführen. Die Polizei bestätigte, dass Thunberg am Dienstag Teil der Gruppe war, die sich auf die Kante zubewegt hatte und dann aufgehalten und weggetragen wurde.
Eine Polizeisprecherin sagte, Thunberg sei für die Feststellung der Personalien in Gewahrsam genommen worden. Sobald die Identitäten aller Beteiligten feststünden, würde die Gruppe in Bussen aus dem Gefahrenbereich gefahren und dann entlassen.
Polizei setzt Schlagstöcke und Pfefferspray ein
Zuvor war es zu Konfrontationen zwischen Polizei und Aktivisten gekommen, als diese sich in Richtung der Abbruchkante aufmachten. Die Polizei setzte Schlagstöcke, Pfefferspray und Beamte auf Pferden ein. Lützerath selbst war in den vergangenen Tagen von der Polizei geräumt worden und ist abgeriegelt. Auf selbstgemalten Transparenten forderten die Demonstranten: »Lützi bleibt!«.
Nach der Demonstration gelangte nach Angaben von RWE ein Aktivist in den Braunkohletagebau. »Das ist natürlich grob leichtsinnig, was der da macht«, sagte ein RWE-Sprecher. Der Mann wurde demnach am Dienstagabend vom Höheninterventionsteam der Polizei von einer Böschung gerettet, auf der er auf einer »Art Treppenabsatz« stand. Polizisten hätten sich von oben zu abgelassen und ihn hinaufgezogen.
Zahlreiche dezentrale Aktionen
Im Braunkohletagebau Inden wurde ein Schaufelradbagger besetzt, der daraufhin zeitweise die Arbeit einstellen musste. Die Polizei Aachen sprach von 20 bis 30 beteiligten Aktivisten, ein Sprecher des Energiekonzerns RWE von 30 bis 40. Alle seien am Ende freiwillig vom Bagger geklettert, sagte ein Polizeisprecher.
In der Nähe von Rommerskirchen besetzte nach Polizei- und RWE-Angaben zudem eine Gruppe von etwa 120 Aktivisten die Kohle-Bahnschienen zum Kraftwerk Neurath. Diejenigen, die sich geweigert hätten, die Gleise zu verlassen, seien weggetragen worden, berichtete der Polizeisprecher. »Hier fährt heute kein Kohlezug. Wir stellen uns der Zerstörung mit unseren Körpern in den Weg«, twitterte das Bündnis »Ende Gelände«. Ein RWE-Sprecher sagte am Dienstagabend, die Aktion sei beendet, die Kohlezüge führen wieder.
Aktivisten der Gruppe Extinction Rebellion klebten sich in Düsseldorf am NRW-Innenministerium fest, später gingen sie freiwillig oder wurden von der Polizei entfernt. Am Landtag versammelten sich zudem rund 150 Demonstranten, die dann vor das NRW-Wirtschaftsministerium zogen.
Aktivisten besetzten auch zeitweise zwei Zufahrtsstraßen zum Tagebau Garzweiler. In Köln klebten sich Klimaaktivisten auf einer Straße fest und brachten damit den Berufsverkehr massiv ins Stocken.
Die Einsatzkräfte der Polizei hatten sich auf spontane, dezentrale Aktionen an vielen Orten eingerichtet. Das Aktionsbündnis »Lützerath Unräumbar«, zu dem auch Gruppen von Fridays For Future und Letzte Generation gehören, hatte zu einem gemeinsamen Aktionstag aufgerufen.
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