Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, hält eine Pflicht beim Wehrdienst für unumgänglich. »Freiwilligkeit ist wichtig, aber es braucht perspektivisch auch eine Verpflichtung«, sagte Högl dem Magazin »Stern« auf die Frage, ob eine bloße Musterungspflicht mit anschließender Freiwilligkeit reiche.
»Allen muss deutlich werden: Jeder und jede in unserer Gesellschaft muss einen Beitrag leisten.« Das schwedische Modell sei da vorbildhaft, sagte Högl. Alle seien wehrpflichtig, aber es werde nicht ein ganzer Jahrgang eingezogen, sondern nur ein Teil aus dem Pool jener, die sich freiwillig für den Wehrdienst meldeten. Sollte die Zahl der Freiwilligen nicht reichen, »muss es die Pflicht geben«, sagte Högl weiter. »Da bin ich mir mit Boris Pistorius einig.«
Verteidigungsminister Pistorius (SPD) hatte diese Woche seine Pläne für ein neues Wehrdienstmodell vorgestellt. Er will die vor 13 Jahren ausgesetzte Erfassung von Wehrfähigen wieder aufbauen. Zudem will er junge Männer verpflichten, in einem Fragebogen Auskunft über ihre Bereitschaft und Fähigkeit zum Dienst zu geben und sich bei Auswahl einer Musterung zu stellen. Ob sie auch gegen ihren Willen rekrutiert werden können, ist noch offen.
Högl sagte, sie glaube wie Pistorius, dass zunächst die Pflicht ausreiche, zumindest den Musterungsbogen zu beantworten - anschließend würden sich viele freiwillig zum Wehrdienst melden, so dass man ausreichend Personal für die Bundeswehr bekomme. Umfragen zeigten aber, dass eine deutliche Mehrheit der Deutschen für die Rückkehr der Wehrpflicht sei, so Högl.
Perspektivisch brauche es ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für alle, Männer wie Frauen. »Das stärkt den Zusammenhalt und tut auch jedem und jeder Einzelnen gut.« Der Dienst in der Bundeswehr wäre ein Teil davon. Andere könnten im sozialen Bereich, im Klimaschutz, in der Denkmalpflege oder in anderen Bereichen ihr Dienstjahr absolvieren, sagte Högl. Die damit verbundene Grundgesetzänderung lasse sich aber nicht mehr in dieser Legislatur schaffen. Högl plädierte dafür, dies in der nächsten Legislatur sehr schnell anzugehen.
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