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Was beim nächsten Klimagipfel in Dubai passieren soll

Kann die Weltgemeinschaft in Dubai beim Klimaschutz einen Schritt nach vorne machen? In Bonn sollte dafür der Boden bereitet werden. Doch am Jahresende wartet noch immer eine Großbaustelle.

UN-Klimakonferenz in Bonn
In Bonn sind Delegierte aus aller Welt zu Vorverhandlungen für die diesjährige Weltklimakonferenz in Dubai zusammengekommen. Foto: Christoph Driessen
In Bonn sind Delegierte aus aller Welt zu Vorverhandlungen für die diesjährige Weltklimakonferenz in Dubai zusammengekommen.
Foto: Christoph Driessen

Dürre, Hitze, Waldbrände: Auch in Deutschland sind die Folgen der Erderwärmung schon jetzt deutlich spürbar. Gleichzeitig steigt der weltweite Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase weiter an.

In Dubai wollen die Staaten der Welt Ende des Jahres bei der UN-Klimakonferenz miteinander darum ringen, wie die verschärfte Krise bekämpft werden kann. Bei den Vorverhandlungen dieser Tage in Bonn zeichneten sich scharfe Konfliktlinien zwischen Industrie- und Entwicklungsländern ab. Ein Überblick über die großen Knackpunkte.

Gelingt der Abschied von fossilen Energien?

Umweltschützer hoffen darauf, dass die zweiwöchige UN-Konferenz in Dubai, die Ende November startet, ein zügiges Ausdimmen der Energieträger Öl und Gas beschließt - doch der Trend geht eher in die Gegenrichtung. Die weltweiten Investitionen in Öl, Gas und Kohle steigen seit Jahren - auf inzwischen mehr als eine Billion US-Dollar in diesem Jahr, wie die Internationale Energie-Agentur schätzt. Immerhin: Mehr Geld, nämlich 1,7 Billionen, fließt in die Erneuerbaren.

Die Experten des New Climate Institute, die das Analysewerkzeug Climate Action Tracker betreiben, rügen, dass selbst hoch entwickelte Staaten wie die USA, Norwegen, Kanada und Australien ihre Produktion und Exporte von fossilen Energieträgern ausweiten - und weiter hohe Subventionen in diesen Sektor pumpen. So hätten etwa die USA seit 2010 ihre Öl-Produktion mehr als verdoppelt, und die von Gas um 60 Prozent gesteigert.

»Die Staaten, die vom Export von Öl und Gas leben, haben so viel verdient, wie noch nie zuvor. Und viele von ihnen kämpfen darum, dieses Geschäftsmodell nun zu verlängern. Sie setzen darauf, dass die COP in einem der wichtigsten Ölländer dafür den Weg bahnt«, sagt Klima-Experte Christoph Bals von Germanwatch mit Blick auf den Gastgeber der COP28, die Vereinigten Arabischen Emirate.

Der Golf-Kooperationsrat, zu dem auch die Emirate gehören, ließ Anfang der Woche verlauten: Die Energiewende dürfe die Energiesicherheit und den Wohlstand auf der Welt nicht gefährden. Übersetzt heißt das: Ohne fossile Energien geht es bislang noch nicht - weshalb die Golfstaaten auch keinen Interessenkonflikt darin sehen, dass mit Sultan Ahmed al-Dschaber ausgerechnet ein Top-Manager der Ölindustrie Präsident der COP28 werden soll.

Die Empörung darüber will das Gastgeberland nicht gelten lassen. Der von Al-Dschaber geleitete, staatliche Ölkonzern Adnoc investiere etliche Milliarden Dollar in kohlenstoffarme Technologien und erneuerbare Energien, hielten die Emirate erst kürzlich der Kritik aus dem Westen entgegen.

Ein klares Ziel für Erneuerbare Energien?

»Bei der COP28 muss ein Abkommen für das Aus für Öl und Gas herauskommen, begleitet von einem globalen Ziel für den Ausbau erneuerbarer Energien«, sagt Mia Moisio vom New-Climate Institute.

»Der Zubau der erneuerbaren Energien und der Elektromobilität hat sich global massiv – allerdings noch nicht ausreichend - beschleunigt«, hält Klima-Experte Christoph Bals von Germanwatch fest. Ein weltweites Ausbauziel für erneuerbare Energien, für das sich auch die Bundesregierung einsetzt, sei immerhin erfolgreich auf die Agenda gesetzt worden.

Auch Jan Kowalzig von der Organisation Oxfam hält ein solches Ziel für wichtig. »Dafür gibt es bereits einige Unterstützung, aber man darf auch mit Widerstand rechnen« - etwa, weil viele Schwellen- und Entwicklungsländer zu Recht einfordern könnten, dass mit einem Ziel auch Geldzusagen der Industrieländer einhergehen müssten.

Wie lässt sich die Lücke schließen?

Moisio vom New Climate Institute kritisiert auch, dass kein großer Staat in diesem Jahr seine Klimaschutzpläne nachgebessert habe. Selbst wenn alle Zusagen bis 2030 eingehalten würden, steuere die Welt auf eine Erwärmung von 2,4 Grad bis zum Jahr 2100 zu - im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Für Deutschland würde dies Experten zufolge auf deutlich mehr als vier Grad hinauslaufen, weil sich das Klima über den Landmassen stärker wandelt - mit unabsehbaren Folgen.

»Wir brauchen eine stringente Bestandsaufnahme, wie die je nationalen Ziele für Klimaschutz, Anpassung und Bewältigung der Schäden nachgeschärft werden müssen, um die drei Pariser Klimaziele zu erreichen«, fordert Bals von Germanwatch. Um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen, müssten unter anderem globale Finanzströme umgeleitet und die weltweiten Emissionen bis 2030 etwa halbiert werden.

Wer zahlt für Schäden - und wann?

Dass reiche Länder künftig für die von ihnen verursachten Klimaschäden in einen Topf einzahlen müssen, der ärmeren Ländern zugute kommt, galt als Durchbruch der vergangenen Klimakonferenz. Bals betont, dass der beschlossene Fonds für besonders von der Klimakrise betroffene Staaten »nun mit Leben und Geld« gefüllt werden müsse. Einige Staaten bereiteten Projekte vor, die durch den Klimaschäden-Fonds oder andere Töpfe finanziert werden sollten.

Doch ist vieles noch unklar, unter anderem: Wer zahlt ein, wer profitiert - und um wie viel Geld geht es eigentlich? »Wünschenswert wäre es«, meint der Oxfam-Experte Kowalzig, »dass die reichen Industrieländer mit zumindest prinzipiellen Finanzzusagen für den neuen Fonds im Gepäck nach Dubai reisen.«

© dpa-infocom, dpa:230616-99-74907/2