Das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) will sich für die nächsten 30 bis 40 Jahre als »Volkspartei« in Deutschland etablieren und die Politik grundlegend verändern. Dies kündigten die frühere Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter an. Zuvor hatten 44 Erstmitglieder in Berlin die Gründung des BSW als Partei formal vollzogen und den ersten Vorstand gewählt.
Wagenknecht selbst führt die neue Partei in einer Doppelspitze mit Amira Mohamed Ali, der früheren Vorsitzenden der inzwischen aufgelösten Linksfraktion im Bundestag. BSW-Spitzenkandidaten für die Europawahl sollen der ehemalige Linken-Politiker Fabio De Masi und der langjährige SPD-Politiker Thomas Geisel werden. Die neue Partei will bei der Europawahl am 9. Juni erstmals antreten, später auch bei den ostdeutschen Landtagswahlen im September. Wagenknecht selbst will aber nicht kandidieren, sondern im Bundestag bleiben.
»Die Politik in unserem Land grundsätzlich verändern«
Die 54-Jährige sagte bei der Gründung, es sei »ein bisschen auch ein historischer Tag«, dass »wir den Grundstein für eine Partei legen, die das Potenzial hat, das bundesdeutsche Parteiensprektrum grundlegend zu verändern und vor allem die Politik in unserem Land grundsätzlich zu verändern«.
Bei einer zweistündigen Pressekonferenz in Berlin wiederholte sie ihre scharfe Kritik an der Ampel-Koalition und äußerte unter anderem Unterstützung für die Bauern-Proteste. »Sie erleben eine Regierung, die keinen Plan hat«, meinte Wagenknecht. Die Koalition ziehe den Menschen das Geld aus der Tasche und spalte das Land.
Migration reduzieren, bessere Renten
Ein detailliertes Programm legte das BSW noch nicht vor - das soll nach Wagenknechts Worten zusammen mit Bürgern und Experten erarbeitet werden. Zunächst blieb es bei der schon im Oktober veröffentlichten Skizze einiger wichtiger Positionen. Dazu zählt eine Begrenzung der Migration »auf eine Größenordnung, die unser Land und seine Infrastruktur nicht überfordert«. Ziel sind zudem »gut bezahlte, sichere Arbeitsplätze«, ein »gerechtes Steuersystem«, Investitionen in Bildung und Infrastruktur, höhere Leistungen der Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Die bisherige Klimapolitik mit Abkehr vom Verbrennungsmotor und völliger Umstellung auf erneuerbare Energien trägt das BSW nicht mit.
In der Außenpolitik ist das BSW gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und fordert sofortige Friedensverhandlungen. In dem fünfseitigen Programm heißt es: »Die Lösung von Konflikten mit militärischen Mitteln lehnen wir grundsätzlich ab.« Die neue Partei positioniert sich gegen die Nato und argumentiert, die Allianz schüre »Bedrohungsgefühle und Abwehrreaktionen und trägt so zu globaler Instabilität bei«. Nötig sei ein »defensiv ausgerichtetes Verteidigungsbündnis«.
Die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen, die zum BSW gehört, kritisierte eine mögliche Lieferung von Eurofighter-Kampfflugzeugen an Saudi-Arabien scharf. »Die Lieferung der Eurofighter an Saudi-Arabien ist ein politischer und moralischer Offenbarungseid der Bundesregierung«, sagte Dagdelen der Deutschen Presse-Agentur.
Wagenknecht und neun weitere Bundestagsabgeordnete waren im Oktober aus der Partei die Linke ausgetreten. Das BSW wurde zunächst als Verein gegründet, um die Partei vorzubereiten. Der Verein sammelte 1,4 Millionen Euro an Spenden als Startkapital für die Partei, wie BSW-Schatzmeister Ralph Suikat dem Redaktionsnetzwerk Deutschland mitteilte. Für die anstehenden Wahlkämpfe ist die Summe vergleichsweise klein. Sollte das BSW einen substanziellen Teil der Wählerstimmen gewinnen, bekommt die Partei künftig Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung.
In einer Insa-Umfrage für »Bild« vom Dezember kam das BSW auf bundesweit 12 Prozent - da die Partei noch gar nicht gegründet und das offizielle Programm unbekannt war, sind diese Umfragewerte aber mit besonderen Unsicherheiten verbunden.
Stellvertretender BSW-Vorsitzender ist der Unternehmer und Hochschulprofessor Shervin Haghsheno, Generalsekretär der Bundestagsabgeordnete Christian Leye. Der erste Parteitag soll Leye zufolge am 27. Januar stattfinden.
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