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Wagenknecht verteidigt »Wirtschaftskrieg«-Rede

Die Partei die Linke kämpft nicht nur mit schlechten Wahlergebnissen, sondern seit Jahren auch mit internem Streit. Jetzt bricht der Konflikt wieder offen auf. Und mit ihm kommt die Furcht vor Spaltung.

Sahra Wagenknecht
Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht vergangene Woche im Bundestag. Foto: Michael Kappeler
Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht vergangene Woche im Bundestag.
Foto: Michael Kappeler

Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hat ihre umstrittene Bundestagsrede zum Stopp der Russland-Sanktionen gegen Kritik aus den eigenen Reihen verteidigt. »Ich habe selten nach einer Rede so viel Zustimmung aus der Bevölkerung erhalten wie in diesem Fall«, sagte die frühere Fraktionsvorsitzende der Deutschen Presse-Agentur. Der Grundsatzstreit in der Linken ist aber nicht erledigt. Fraktionschef Dietmar Bartsch warnte vor »Spaltungsversuchen«.

Wagenknecht hatte in der Rede vergangene Woche der Bundesregierung vorgeworfen, einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen Russland »vom Zaun zu brechen«. Sie forderte ein Ende der wegen des Ukraine-Kriegs verhängten Sanktionen und den weiteren Import billiger Rohstoffe und Energie aus Russland. Die Parteispitze und etliche Linken-Politiker gingen auf Distanz. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, trat wegen der Rede aus der Partei aus.

»Nicht begriffen, was Aufgabe einer linken Oppositionspartei ist«

Wagenknecht hielt dagegen: »Wer ein Problem damit hat, die Regierung scharf anzugreifen und ihr ihre katastrophale Politik vorzuwerfen, die Millionen Menschen mit Armut und sozialem Abstieg bedroht, hat nicht begriffen, was Aufgabe einer linken Oppositionspartei ist.« Im Gespräch mit »Zeit Online« attackierte sie zudem Parteichef Martin Schirdewan: »Ein Parteivorsitzender, der das Paralleluniversum seiner Twitterblase mit der Stimmung in der Bevölkerung verwechselt, ist eine Fehlbesetzung.«

Kritiker werfen Wagenknecht vor, nicht die Mehrheitsmeinung der Partei zu vertreten. In der Vergangenheit gab es bereits Konflikte wegen ihrer Haltung zur Migration und zur Corona-Impfung. Jetzt geht es um Parteitagsbeschlüsse, die die Solidarität mit der Ukraine betonen und bestimmte Sanktionen gegen Russland gutheißen. Den Fraktionsvorsitzenden Bartsch und Amira Mohamed Ali wird vorgehalten, ausgerechnet Wagenknecht für die Rede aufgestellt zu haben.

»Es ist Aufgabe der Fraktionsführung, dafür zu sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholt«, forderte Schirdewan in den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Schirdewan sagte auch: »Der Austritt von Schneider und anderen schmerzt sehr und zeigt: Die Missachtung demokratischer Beschlüsse bei Auftritten im Namen der Fraktion durch einzelne Abgeordnete schadet unserer Partei massiv.«

Offener Brief fordert Ausschluss Wagenknechts

Ein offener Brief dreier ostdeutscher Linken-Politikerinnen fordert den Ausschluss Wagenknechts aus der Fraktion und den Rücktritt der Fraktionsspitze. Fraktionschef Bartsch pochte jedoch auf die Einheit der Partei. »Jegliche Spaltungsversuche werde ich mit aller Entschiedenheit bekämpfen«, sagte er der »Rheinischen Post« und dem »Bonner Generalanzeiger«. Er werde alles dafür tun, dass die Linke »ihre gesellschaftliche Aufgabe als die soziale Opposition gerade angesichts der chaotischen Politik der Ampelregierung wahrnimmt«.

Der offene Brief der Wagenknecht-Kritikerinnen hatte am Mittwoch 2450 Unterschriften. Daneben lief im Internet eine Petition für Wagenknecht, bis Mittwoch mit gut 6000 Unterschriften. Am Dienstag hatte auch der frühere Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi seinen Parteiaustritt erklärt und »eklatantes Versagen der maßgeblichen Akteure« angeführt. Wagenknechts Rede gab aber offenbar nicht den Ausschlag.

Kritik an Wagenknecht kam auch von der SPD. »Sie unterstützt ganz bewusst Putins Erzählung und macht sich damit zu seinem Handlager«, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. »Es ist nicht mehr zu fassen, dass die Linksfraktion das laufen lässt. Politische Führung zum Wohle unseres Landes sieht anders aus.«

© dpa-infocom, dpa:220914-99-754850/6