Die Vorwahl der Republikaner über ihren Präsidentschaftskandidaten im Bundesstaat Iowa läutet in den USA das Wahljahr ein. Umfragen sahen den früheren US-Präsidenten Donald Trump weit vorn. Nach der Wahl am steht fest, ob der 77-Jährige die hohen Erwartungen an ihn erfüllen kann - und wer sich den zweiten Platz sichert. Dabei hat die ehemalige US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, eine Aufholjagd hingelegt und könnte Floridas Gouverneur Ron DeSantis überholen.
Ein Schneesturm und arktische Kälte sorgten zugleich für einen Wahlkampf unter Extrembedingungen - etliche Auftritte der Anwärter wurden abgesagt. Auch am Wahltag zeigte das Thermometer wieder rund minus 25 Grad an.
In den USA wählt nicht die Parteispitze, sondern die Basis ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten für die Präsidentenwahl. Das komplexe Abstimmungsverfahren ist je nach Staat unterschiedlich, den Auftakt machen nun die Republikaner in Iowa. Der kleine Bundesstaat im Mittleren Westen hat zwar zahlenmäßig geringe Bedeutung für die Kandidatenkür. Doch wer hier gut abschneidet, kann mit Rückenwind bei den künftigen Abstimmungen rechnen. Die Entscheidung fällt nicht in Wahllokalen, sondern bei kleinen Parteiversammlungen, sogenannten Caucuses. Sie finden abends an Orten wie Kirchen oder Gemeindesälen statt.
Haley und DeSantis kämpfen um den zweiten Platz
Einer Umfrage der Regionalzeitung »Des Moines Register« und anderer Medien zufolge lag Trump vor der Abstimmung mit 48 Prozent weit vor seinen Konkurrenten. Auf dem zweiten Platz landete die als etwas moderater geltende Haley mit 20 Prozent. Auf den dritten Platz war DeSantis mit 16 Prozent abgerutscht. Er galt einst als größter Konkurrent Trumps im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur. Doch in den vergangenen Monaten verlor er an Unterstützung und blieb bei TV-Duellen auffällig blass. Er hatte sich im Wahlkampf besonders auf Iowa konzentriert - sollte er dort nur auf dem dritten Platz landen, wäre das ein desaströser Start ins Wahljahr für ihn.
»Trotzen Sie der Kälte und unterstützen Sie mich in Iowa«, schrieb DeSantis bei X, vormals Twitter. Am Wochenende hatte er sich im US-Fernsehen kämpferisch gegeben und versucht, seine schlechten Umfragewerte herunterzuspielen. Angesprochen auf seinen Konkurrenten Trump entgegnete der 45-Jährige: »Beim ersten Mal hat er die wichtigsten Versprechen nicht gehalten.«
Für Trump ist Iowa hingegen wichtig, weil er dort die hohen Erwartungen an ihn erfüllen muss. Es war nicht davon auszugehen, dass ihm bei der Abstimmung in Iowa der Sieg streitig gemacht wird. Der frühere Präsident ist zwar mit vier strafrechtlichen Anklagen konfrontiert - unter anderem wegen seines Feldzuges gegen die eigene Niederlage bei der Wahl 2020. Das ändert aber bisher nichts an seiner Beliebtheit bei den Republikanern. Trump hatte damals gegen den Demokraten Joe Biden verloren. Seine Niederlage erkennt er bis heute nicht an und verbreitet die Lüge vom Wahlbetrug.
Doch in den USA dürfte man ganz genau darauf schauen, wie gut er am Ende tatsächlich abschneidet. Das extreme Winterwetter galt dabei als Risiko für ihn. Nicht ausgeschlossen wurde, dass seine Anhänger davon ausgehen, dass ihr Favorit ohnehin komfortabel gewinnt - und deswegen einfach zu Hause bleiben. Das würde Haley und DeSantis zugutekommen. Andererseits gelten Trump-Anhänger als besonders loyal.
Extreme Kälte hat Iowa im Griff
Wegen Eis und Glätte mussten Trump, DeSantis und Haley ihre Wahlkampftermine anpassen. Das Wetter hatte vor allem am Freitag für Chaos gesorgt. Fast jeder Flug in die Hauptstadt Des Moines wurde gestrichen. Auch zahlreiche Journalistinnen und Journalisten, die für die Vorwahlen in Bundesstaat reisen wollten, strandeten am Flughafen. Der Nationale Wetterdienst rät den Menschen in Iowa weiterhin dazu, die gefährliche Kälte zu meiden und sich wenn möglich nicht im Freien aufzuhalten.
»Es ist wirklich kalt da draußen«, kommentierte Nikki Haley die Minusgrade am Sonntag bei einer Wahlkampfveranstaltung. »Aber wir werden bis zur letzten Stunde durchhalten.« Die 51-jährige ehemalige Gouverneurin des US-Bundesstaats South Carolina begann ihren Wahlkampf vergangenen Februar - und lag damals in Umfragen im niedrigen einstelligen Bereich. Sie kämpfte sich in den vergangenen Monaten nach vorn. Haley scheut sich davor, sich öffentlich klar von Trump loszusagen. Beobachter gehen daher davon aus, dass sie schließlich seine Kandidatin für das Vizepräsidentenamt werde könnte.
Bei den Demokraten läuft das Prozedere der Vorwahlen in diesem Jahr etwas anders. Das Rennen gilt außerdem als ausgemacht. Amtsinhaber Joe Biden will für seine Partei nach der Präsidentenwahl am 5. November noch einmal ins Weiße Haus einziehen. Ernstzunehmende Konkurrenz in seiner Partei hat der 81-Jährige nicht.
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