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Vor Russland-Wahlen: Prominenter Beobachter inhaftiert

Die Menschenrechtsorganisation Golos sieht sich seit Jahren politischer Verfolgung ausgesetzt. Sie legten immer wieder massive Verstöße gegen das Wahlrecht offen. Ihr Co-Vorsitzender ist nun in U-Haft.

Grigori Melkonjanz
Grigori Melkonjanz ist der Co-Vorsitzende der angesehenen russischen Wahlbeobachtungs-Organisation Golos. Foto: Alexander Zemlianichenko/DPA
Grigori Melkonjanz ist der Co-Vorsitzende der angesehenen russischen Wahlbeobachtungs-Organisation Golos.
Foto: Alexander Zemlianichenko/DPA

Wenige Wochen vor Wahlen in Russland ist der prominente Beobachter Grigori Melkonjanz in Moskau inhaftiert worden. Ein Gericht in der Hauptstadt ordnete gegen den Co-Vorsitzenden der Menschenrechtsorganisation Golos (deutsch: Stimme), die sich für freie Wahlen einsetzt, Untersuchungshaft bis 17. Oktober an.

Die Golos-Beobachter legten in der Vergangenheit zum Ärger des Machtapparats immer wieder massive Verstöße gegen das Wahlrecht sowie Manipulationen offen. In Russland sind am 10. September vielerorts Wahlen geplant, darunter auch in Moskau, wo Bürgermeister Sergej Sobjanin auf einen Verbleib im Amt setzt.

Die Nichtregierungsorganisation ist von den russischen Behörden seit 2013 als »ausländischer Agent« gebrandmarkt und sieht sich damit politischer Verfolgung ausgesetzt. Am Vortag hatte es auch Razzien in Wohnungen der unabhängigen Beobachter gegeben. Das Vorgehen gilt als Teil einer von Menschenrechtlern beklagten zunehmenden autoritären Repressionswelle in Russland gegen Andersdenkende.

Vorwurf der Tätigkeit für »unerwünschte Organisation«

Melkonjanz betonte stets, dass Golos sich weiter für den Schutz der Wählerstimmen einsetzen wolle. Offiziell vorgeworfen wird ihm die Tätigkeit für eine »unerwünschte Organisation« in Europa. Melkonjanz sagte nach Angaben russischer Medien vor Gericht in einem Glaskasten eingesperrt, dass ihm faktisch eine Zusammenarbeit mit der Zentralen Wahlkommission Russlands vorgeworfen werde. Das galt als kritischer Seitenhieb, weil per Gesetz die Wahlleitung selbst zuständig ist für die gesetzeskonforme Organisation der Abstimmung.

Die Wahlbeobachter würden »vernichtet«, weil der Kreml so eine Dokumentation der Verstöße verhindern wolle, sagte der Politologe Abbas Galljamow. Das sei bereits eine Vorbereitung auf die Präsidentenwahl im März 2024. »Von einer Zustimmung von 90 Prozent für (Kremlchef Wladimir) Putin kann in Wirklichkeit keine Rede sein. Seine echten Werte liegen jetzt bei 30, maximal 40 Prozent«, meinte er. »So gesehen ist Golos für den Kreml einfach ein Messer an der Kehle.«

Der Verteidiger des Aktivisten, Michail Birjukow, wies die Anschuldigungen gegen seinen Mandanten zurück. Melkonjanz oder Golos hätten mit keiner »unerwünschten Organisation« zusammengearbeitet. Golos, die gesamtrussische Bewegung zum Schutz der Wählerrechte in Russland, organisiert seit ihrer Gründung 2000 eine unabhängige Beobachtung von Wahlen.

© dpa-infocom, dpa:230818-99-880225/2