Drei Tage nach der Wahl in Brasilien hat Vizepräsident Hamilton Mourão die Niederlage von Staatschef Jair Bolsonaro eingeräumt. »Es hat keinen Sinn mehr zu jammern, wir haben das Spiel verloren. Es gibt nichts zu beanstanden«, sagte der ehemalige General in einem Interview der Zeitung »O Globo«.
Er sei nicht der Ansicht, dass es bei der Wahl zu Betrug gekommen sei. Zuvor hatten bereits wichtige Verbündete Bolsonaros, darunter der mächtige Parlamentspräsident Artur Lira, dessen Niederlage anerkannt.
»Ich möchte mich bei den 58 Millionen Brasilianern bedanken, die mich am 30. Oktober gewählt haben«, sagte Bolsonaro zuvor in einer kurzen Erklärung in seiner Residenz in Brasília. »Als Präsident und Bürger werde ich weiter alle Anforderungen unserer Verfassung erfüllen.«
Der Machtübergabe an den Wahlsieger Luiz Inácio Lula da Silva will er sich aber nicht in den Weg stellen. »Präsident Jair Bolsonaro hat uns auf der Grundlage des Gesetzes ermächtigt, den Prozess des Regierungswechsels einzuleiten«, sagt Kabinettschef Ciro Nogueira. Die Machtübergabe ist allerdings ohnehin gesetzlich geregelt, einer Zustimmung der scheidenden Regierung bedarf es nicht.
Bolsonaro war bei der Stichwahl um das Präsidentenamt seinem linken Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva knapp unterlegen. Ex-Präsident Lula erhielt 50,9 Prozent der Stimmen, Bolsonaro kam auf 49,1 Prozent. In seiner ersten öffentlichen Stellungnahme seit der Wahl räumte er weder seine Niederlage ein, noch gratulierte er Lula zum Sieg. Stattdessen streute er erneut Zweifel am Wahlsystem und äußerte Verständnis für seine Anhänger, die aus Protest gegen Lulas Wahlsieg im ganzen Land zahlreiche Fernstraßen blockieren.
Industrieverband warnt vor Versorgungsengpässen
Die Autobahnpolizei registrierte am Mittwoch 167 Straßensperren in verschiedenen Regionen Brasiliens, wie der Fernsehsender Globo berichtete. Nach eigenen Angaben löste die Polizei bereits 563 Blockaden auf. »Die aktuellen Demonstrationen sind das Ergebnis von Empörung und einem Gefühl der Ungerechtigkeit über die Art und Weise, wie der Wahlprozess durchgeführt wurde«, sagte Bolsonaro. Er hatte zuvor selbst Zweifel am Wahlsystem gestreut. Beweise dafür legte er allerdings nie vor.
Die Fernstraßen sind für die Versorgung des Landes essenziell, denn der Großteil der Güter wird in Brasilien per Lkw transportiert. Der Nationale Industrieverband (CNI) warnte vor Versorgungsengpässen und Treibstoffmangel, sollten die Blockaden noch länger andauern. Nach Angaben des Verbands der Supermärkte gibt es in einigen Bundesstaaten bereits Lieferprobleme vor allem bei Obst, Gemüse und Fleisch.
Bei Protesten im Süden des Landes zeigten Bolsonaro-Anhänger den Hitler-Gruß. Hunderte Demonstranten reckten vor einer Kaserne in der Ortschaft São Miguel do Oeste im Süden des Landes ihre Arme zum faschistischen Gruß in die Höhe und sangen die Nationalhymne, wie der Fernsehsender Globo am Mittwoch berichtete.
Die Staatsanwaltschaft des Bundesstaats Santa Catarina leitete Ermittlungen ein. Die Verherrlichung der Nazi-Herrschaft und das Verwenden nationalsozialistischer Symbole ist auch in Brasilien eine Straftat.
Auch wenn Bolsonaro seine Niederlage nicht ausdrücklich einräumt, will er dem Regierungswechsel offenbar nicht im Wege stehen. »Präsident Jair Bolsonaro hat uns auf der Grundlage des Gesetzes ermächtigt, den Prozess des Regierungswechsels einzuleiten«, sagte Kabinettschef Ciro Nogueira. Die Machtübergabe ist allerdings ohnehin gesetzlich geregelt, einer Zustimmung der scheidenden Regierung bedarf es nicht. Er sei sich »fast sicher«, dass Bolsonaro an der Amtseinführung von Lula teilnehmen und die Präsidentenschärpe an seinen Nachfolger übergeben werde, sagte Vizepräsident Mourão.
Richter: »Er sagte, es sei vorbei«
Die Justiz des größten Landes Lateinamerikas wertete dies als ein Eingeständnis der Niederlage. »Die Richter bekräftigen die offizielle Mitteilung, in der die Bedeutung der Anerkennung des endgültigen Wahlergebnisses durch den Präsidenten der Republik mit der Entschlossenheit, den Übergangsprozess einzuleiten, hervorgehoben wurde«, hieß es in einer Mitteilung des Obersten Gerichtshofs nach einem Treffen mit Bolsonaro. »Er sagte, es sei vorbei. Schauen wir also nach vorne«, sagte Richter Luiz Edson Fachin im Sender Globo.
Der Präsident des Obersten Wahlgerichts, Alexandre de Moraes, hatte sowohl Lula als auch Bolsonaro bereits in der Wahlnacht telefonisch über das Ergebnis informiert. »Das Ergebnis wurde verkündet und akzeptiert«, sagte Moraes. Die Beobachtermission der Interamerikanischen Union der Wahlbehörden nannte die Wahlen frei, fair und transparent und fand keine Hinweise auf Manipulation.
Auf der Arbeitsebene wurden bereits Kanäle für die Vorbereitung des Machtwechsels gelegt. Medienberichten zufolge sprach Kabinettschef Nogueira bereits mit Lulas Kommunikationschef Edinho Silva. Zudem telefonierte Lulas künftiger Vizepräsident Geraldo Alckmin mit Bolsonaros Stellvertreter Hamilton Mourão. Der Amtsantritt Lulas ist für den 1. Januar 2023 geplant.
Bolsonaro: »Friedliche Demonstrationen immer willkommen«
Auch in seiner rund zweiminütigen Ansprache streute Bolsonaro wieder Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abstimmung und äußerte Verständnis für seine Anhänger, die in den vergangenen Tagen zahlreiche Fernstraßen im ganzen Land blockierten. »Die aktuellen Demonstrationen sind das Ergebnis von Empörung und einem Gefühl der Ungerechtigkeit über die Art und Weise, wie der Wahlprozess durchgeführt wurde«, sagte Bolsonaro. »Friedliche Demonstrationen werden immer willkommen sein.«
Damit richtete er sich wohl vor allem an seine radikalen Anhänger, die gleich nach Lulas Wahlsieg von Manipulation sprachen und die ein Eingeständnis der Niederlage wohl nicht goutiert hätten. Andererseits machten seine Berater dem Staatschef bei langen Gesprächen in den vergangenen Tagen offenbar klar, dass es kaum Erfolg hätte, das Wahlergebnis in Frage zu stellen.
Viele seiner Verbündeten, darunter der mächtige Parlamentspräsident Artur Lira, erkannten Bolsonaros Niederlage bereits an. Auch zahlreiche Regierungen im Ausland sahen den Wahlausgang schon als Tatsache an: Fast 90 Regierungen gratulierten Lula zu seinem Wahlsieg, wie das Nachrichtenportal UOL berichtete.
Der Präsident des Obersten Wahlgerichts, Alexandre de Moraes, hatte sowohl Lula als auch Bolsonaro bereits in der Wahlnacht telefonisch über das Ergebnis informiert. »Das Ergebnis wurde verkündet und akzeptiert«, sagte Moraes. Die Beobachtermission der Interamerikanischen Union der Wahlbehörden nannte die Wahlen frei, fair und transparent und fand keine Hinweise auf Manipulation.
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