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Vereinte Nationen: Schulterschluss gegen den Ukraine-Krieg

Der Krieg gegen die Ukraine bereitet der Welt mehr und mehr Sorge. Die Kritik an Russland wächst - und die internationale Gemeinschaft zeigt bei der UN-Vollversammlung eine ungewohnte Geschlossenheit.

UN-Vollversammlung
Bei der UN-Vollversammlung distanzieren sich immer mehr Länder von Moskau. Foto: Jason Decrow
Bei der UN-Vollversammlung distanzieren sich immer mehr Länder von Moskau.
Foto: Jason Decrow

Es war eine seltene Demonstration der Einigkeit bei den oft zerrissenen Vereinten Nationen: In dieser Woche haben beim der UN-Generaldebatte in New York immer mehr Länder klar ihre Kritik am Ukraine-Krieg zum Ausdruck gebracht, selbst Freunde Moskaus schlossen sich an.

Zwar haben westliche Verbündete auch bislang wiederholt erklärt, dass Russland seit dem Einmarsch in die Ukraine im Februar weitgehend isoliert sei. Vieles davon war jedoch eher Wunschdenken. Doch nun mehren sich Zeichen auf mehr Geschlossenheit.

Auch Indien und China nun Zweifel an Moskau

Schon vor den Reden bei der UN-Vollversammlung in dieser Woche äußerten Indien und China, die sich bislang sehr zurückgehalten hatten, auf einem Gipfel in Usbekistan am vergangenen Wochenende Zweifel am Moskauer Vorgehen. Dann setzte sich die Vollversammlung der Vereinten Nationen in einem deutlichen Signal mit überwältigender Mehrheit über russische Einwände hinweg und stimmte dafür, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj aus der Ferne sprechen durfte, statt wie alle anderen nach New York zu reisen.

Die Abkehr von Moskau verstärkte sich weiter, als der russische Präsident Wladimir Putin am Mittwoch die Teilmobilmachung mit rund 300.000 zusätzlichen Soldaten ankündigte – ein Schritt, der nicht auf ein baldiges Ende des Krieges hindeutet. Auch die Atomwaffendrohung stellte Putin erneut in den Raum. Vorausgegangen war zudem die Ankündigung von Scheinreferenden über einen Beitritt zu Russland in mehreren besetzten Gebieten in der Ukraine.

Zahlreiche Länder verurteilen Krieg gegen die Ukraine

In der Generaldebatte der UN-Generalversammlung nutzten dann zahlreiche Staats- und Regierungschefs ihre Reden am Dienstag und Mittwoch, um den russischen Krieg gegen die Ukraine zu verurteilen. Am Donnerstag ging es damit weiter, sowohl im Versammlungssaal als auch im sonst oft gespaltenen UN-Sicherheitsrat. Praktisch alle anderen 14 Mitglieder des Gremiums, einer nach dem anderen, legten Russland zur Last, globale Krisen zu verschärfen und die Grundlagen der Weltorganisation zu gefährden.

Für die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten erhält nun zwar die Hoffnung Auftrieb, dass damit der Druck auf Putin wächst, eine Friedenslösung auszuhandeln. Übermäßig optimistisch sind sie aber nicht. Viele Partner Russlands sind in Bezug auf Energie, Nahrungsmittel und militärischer Unterstützung auf Moskau angewiesen.

China und Indien: Bedrohung des Souveränitäts-Konzept der UN

Dennoch horchte die Welt auf, als Länder wie Indien und China, die als Freunde Russlands auftreten, im Anschluss an die Äußerungen vor einer Woche in New York noch ihre Sorgen über den Konflikt und seine Auswirkungen auf die Versorgung der Welt betonten. Auch Besorgnis über eine Bedrohung der in der UN-Charta verankerten Konzepte von Souveränität und territorialer Integrität brachten sie zum Ausdruck.

Brasilien äußerte ähnliche Bedenken. So betonte Außenminister Carlos Alberto Franca die Bedeutung von sofortigen Bemühungen zur Beendigung des Krieges. »Die Fortsetzung der Feindseligkeiten bedroht das Leben unschuldiger Zivilisten und gefährdet die Nahrungsmittel- und Energiesicherheit von Millionen von Familien in anderen Regionen, insbesondere in Entwicklungsländern«, sagte er. Die Risiken einer Eskalation seien zu groß und die Folgen für die Weltordnung unabsehbar.

Belarus als enger Verbündeter Moskaus

Lediglich Belarus stärkte Moskau den Rücken. Der enge Verbündete Russlands forderte aber dennoch ein schnelles Ende des Blutvergießens, das es als »Tragödie« beschrieb.

US-Außenminister Antony Blinken begrüßte das jüngste Zusammenrücken. »Wir hören viel über die Spaltungen unter den Ländern der Vereinten Nationen«, sagte er. »Aber zuletzt fällt die bemerkenswerte Einigkeit unter den Mitgliedsstaaten auf, wenn es um den russischen Krieg gegen die Ukraine geht.«

Regierungsvertreter sowohl aus Entwicklungs- als auch aus Industrieländern, aus großen und kleinen Nationen, aus dem Norden und dem Süden hätten in der Vollversammlung die Folgen des Kriegs und die Notwendigkeit, ihn zu beenden, angesprochen. »Selbst eine Reihe von Ländern, die enge Beziehungen zu Moskau unterhalten, haben öffentlich erklärt, dass sie ernsthafte Fragen und Bedenken zu Präsident Putins fortdauernder Invasion haben«, sagte Blinken.

Russland will anderes Bild vermitteln

Russland hingegen beeilte sich zu demonstrieren, dass es keineswegs vor einer Isolation stehe. In sozialen Medien postete das Außenministerium Beiträge über eine Reihe anscheinend herzlicher Treffen des russischen Außenministers Sergej Lawrow mit Kollegen bei seiner Reise nach New York.

In UN-Sicherheitsrat indes, wo Lawrow das russische Vorgehen wenig überraschend verteidigte und Vorwürfe gegen den Westen wiederholte, währte der russische Auftritt nur kurz. Gleich nach seiner Rede zog sich Lawrow wieder zurück. »Ich stelle fest, dass russische Diplomaten fast so schnell fliehen wie russische Soldaten«, kommentierte dies der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba.

© dpa-infocom, dpa:220924-99-878586/2