Ärzteorganisationen fordern kurzfristig zusätzliche Finanzhilfen für Krankenhäuser, um Pleiten abzuwenden. »Die Insolvenzgefahr für viele Kliniken steigt bei explodierenden Kosten, Personalmangel und dadurch reduzierten Fallzahlen«, heißt es in einem Schreiben des Marburger Bundes und des Verbandes leitender Krankenhausärzte (VlK) an Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und seine Länderkollegen, das der »Neuen Osnabrücker Zeitung« vorliegt. Die von Lauterbach geplante Reform der Krankenhauslandschaft werde nur gelingen, wenn in der Zwischenzeit ein Kliniksterben abgewendet werde. »Deshalb ist eine Wiederaufnahme der finanziellen Stabilisierungsmaßnahmen der Kliniken durch Bund, Länder und Krankenkassen das Gebot der Stunde.«
Erst am Dienstag hatte die Krankenhausgesellschaft gewarnt, dass nach einer neuen Umfrage nur noch sechs Prozent der Krankenhäuser ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als gut bezeichnen. Lediglich 20 Prozent erwarteten für 2022 ein positives Ergebnis.
Lauterbachs Versprechen
Lauterbach hatte den Krankenhäusern im November angesichts von Inflation und hoher Energiekosten eine Milliarden-Unterstützung in Aussicht gestellt. Zudem plant er eine große Reform, um die Kliniken von wirtschaftlichem Druck zulasten von Patienten und Personal zu befreien. Grundlage für die Gesetzespläne soll das Konzept einer Regierungskommission sein, das deutliche Änderungen am System der Vergütung über Pauschalen für Behandlungsfälle empfiehlt. Die Experten schlagen vor, dass Kliniken nach neuen Kriterien honoriert werden - unter anderem mit einem gesicherten Anteil allein für das Vorhalten von Leistungsangeboten.
Die Ärzteverbände erhoffen sich dem Zeitungsbericht zufolge ein Signal vom nächsten Treffen der Gesundheitsminister in dieser Woche. In der Debatte über Lauterbachs weitreichende Reformvorschläge drohe die aktuelle Not der Kliniken in den Hintergrund zu geraten, befürchten Marburger Bund und VlK.
Langfristig müssten etwa die bürokratischen Lasten auf das zwingend Notwendige reduziert werden. »Eine Halbierung der Dokumentationslast würde allein im ärztlichen Bereich das Stundenäquivalent von 32 000 Vollzeitstellen für die Patientenversorgung zur Verfügung stellen«, so die Rechnung von Marburger Bund und VlK.
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