Bildungsgewerkschaften und der Deutsche Lehrerverband haben das Ende der Maskenpflicht an den meisten Schulen in Deutschland scharf kritisiert.
Lehrerverbands-Präsident Heinz-Peter Meidinger nannte den Schritt am Freitag »völlig verfrüht«. »Bei nach wie vor extrem hohen Inzidenzwerten an den Schulen bedeutet das Ende der Maskenpflicht, den einfachsten Gesundheitsschutz für Beschäftigte, Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern zu beenden«, sagte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, der Deutschen Presse-Agentur.
Der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, sagte der dpa, vor dem Hintergrund des weiterhin hohen Infektionsgeschehens unter Kindern und Jugendlichen sei es »unverantwortlich«, dass die Maskenpflicht in den Schulen falle. »Bei der derzeit herrschenden Personalnot können wir es uns nicht leisten, derart wirksame Infektionsschutzmaßnahmen aufzugeben.«
Auch die Bundesschülerkonferenz sieht das so. »Allein die Testpflicht reicht nicht aus. Tests sind nur eine Momentaufnahme danach - wenn es zu spät ist. Masken beugen vor«, sagte Generalsekretärin Katharina Swinka der dpa. Ihr Gremium habe die Änderung bereits seit Wochen kritisiert. »Ich persönlich rate jedem Schüler und jeder Schülerin weiterhin eine medizinische Maske zu tragen, um sich und andere besonders zu schützen.«
Masken nicht mehr vorgeschrieben
In den vergangenen zwei Jahren hatten die Bundesländer für ihre Schulen immer wieder Maskenpflichten angeordnet, mal strenger mit Maske am Platz, mal weniger streng. Mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes durch die Ampel-Koalition dürfen Masken in Schulen ab diesem Wochenende nicht mehr vorgeschrieben werden, es sei denn ein Bundesland erklärt eine Region zum sogenannten Hotspot, dort wäre das weiterhin möglich. Nur Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern nutzen diese Möglichkeit. In Berlin fiel die Maskenpflicht in der Schule bereits an diesem Freitag weg. Tests wird es an vielen Schulen für eine gewisse Zeit noch geben.
GEW-Chefin Finnern befürchtet durch das Ende der Maskenpflicht noch mehr Ansteckungen, weiteren Unterrichtsausfall und wachsende Lernrückstände. »Das ist verantwortungslos. Die Schulen werden von der Politik allein gelassen«, sagte sie. Schon jetzt müssten Stundenpläne eingekürzt und Lerngruppen zusammengelegt werden, sagte der VBE-Vorsitzende Beckmann. »Es wird zwangsläufig zu vermehrten Ausfällen kommen und die Teilhabe der Schülerinnen und Schüler am Unterricht wird gefährdet.«
Lehrerverbandspräsident Meidinger verwies auch auf Eltern vorerkrankter Kinder und Familien mit Risikopersonen im Haushalt. Diese machten sich »zu Recht große Sorgen, dass damit die Schulen jetzt endgültig zur Durchseuchung freigegeben werden«.
Infektionen auf hohem Niveau
Die Corona-Zahlen an den Schulen verharrten zuletzt auf hohem Niveau. In der vergangenen Woche wurden aus den Bundesländern rund 347.000 Infektions- und Quarantänefälle bei Schülerinnen und Schülern gemeldet, wie die Kultusministerkonferenz (KMK) am Freitag mitteilte (Vorwoche 348.000). Bei den Lehrkräften wurde mit 36.400 Corona- und Quarantänefällen erneut ein Höchststand gemeldet (Vorwoche 35.700). Insgesamt gibt es in Deutschland etwa 11 Millionen Schüler und knapp 900.000 Lehrkräfte an rund 40.000 Schulen und Berufsschulen.
Die Bildungsverbände hätten es nach eigener Aussage befürwortet, mit Lockerungen noch bis Ostern zu warten. Die Feiertage sind in zwei Wochen. Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein gehen an diesem Wochenende als erste Bundesländer bereits in die Osterferien. Der Großteil der anderen Länder folgt eine Woche später.
Die FDP, die sich in der Ampel-Koalition maßgeblich für das Auslaufen der meisten Corona-Regeln eingesetzt hatte, appellierte an die Eigenverantwortung. »Auch ich selbst werde an vielen Orten, wo keine Maskenpflicht mehr besteht, noch Maske tragen. Eltern können mit ihren Kindern sprechen und mit ihnen gemeinsam entscheiden, ob diese in der Schule noch eine Maske tragen«, sagte der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
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