Logo
Aktuell Ausland

USA und Deutschland: Schulterschluss gegen Russland

Außenministerin Baerbock und ihr US-Kollege Blinken demonstrieren Einigkeit bei der Unterstützung für Kiew. Kritik an der zögerlichen Bundesregierung bei der Lieferung von Waffen ist nicht zu hören.

Außenministerin Baerbock in den USA
Annalena Baerbock und Antony Blinken kommen zu einer Pressekonferenz zusammen. Foto: Michael Kappeler/DPA
Annalena Baerbock und Antony Blinken kommen zu einer Pressekonferenz zusammen.
Foto: Michael Kappeler/DPA

Deutschland und die USA starten mit einem demonstrativen transatlantischen Schulterschluss gegen Russland in die am Montag beginnende UN-Vollversammlung in New York.

Kremlchef Wladimir Putin laufe »ins Leere«, wenn er denke, die Welt würde sich an den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gewöhnen, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach einem Treffen mit ihrem US-Kollegen Antony Blinken in Washington. Blinken lobte, nach den Vereinigten Staaten komme Deutschland an zweiter Stelle, was den Umfang der bereitgestellten Hilfen für Kiew angehe.

In den vergangenen anderthalb Jahren habe Baerbock mit Blick auf die Ukraine und viele andere Themen zu seinen engsten Kollegen gehört, lobte Blinken. Deutschland spiele für die Nato und bei der Anstrengung für Sicherheit und Frieden eine entscheidende Rolle. Blinken und Baerbock hatten sich bereits am Donnerstagabend bei einem zweistündigen Abendessen ausgetauscht. An dem Abendessen hatte auch Blinkens Ehefrau Evan Ryan teilgenommen.

Baerbock gegen »Putins Brechstange«

Baerbock und Blinken sagten der Ukraine anhaltende Unterstützung gegen Russland zu. Die Außenministerin betonte, sie und ihr Kollege hätten immer wieder deutlich gemacht, dass ein Krieg nicht nur abstrakte Zahlen und die Einhaltung territorialer Integrität und Souveränität bedeute, sondern dass »hinter jeder einzelnen Zahl ein Opfer, ein Mensch, ein Gesicht steht«. Sie ergänzte: »Putins Brechstange aus Hass beugt eben nicht den ukrainischen Überlebenswillen, sondern er stärkt damit den Kampf für Freiheit.«

»Die ganze Welt sehnt sich nach Frieden«

Putins Brutalität stärke auch die Entschlossenheit der internationalen Gemeinschaft, "dass wir auf der Welt einstehen dafür, dass jeder in der Ukraine irgendwann wieder in Freiheit leben" könne, sagte Baerbock. Dabei gehe es nicht nur um Waffenlieferungen, sondern vor allem um humanitäre Hilfe, den Schutz von Infrastruktur und das Zurückholen verschleppter Kinder. Sie habe mit Blinken auch über eine engere Verzahnung der Winterhilfe für die Ukraine gesprochen. »Die ganze Welt sehnt sich nach Frieden« - dies sei die gemeinsame Botschaft für die UN-Vollversammlung in New York. Sowohl Baerbock als auch Blinken waren kürzlich zu getrennten Besuchen in Kiew.

Baerbock weiterhin zurückhaltend zu Taurus-Lieferung

Zur Forderung der Ukraine nach weitreichenden modernen deutschen Marschflugkörpern vom Typ Taurus äußerte sich Baerbock weiterhin zurückhaltend. Hier müssten sensible Fragen beantwortet werden, »was nicht so einfach ist, wie es auf den ersten Blick vielleicht klingen mag«. Man sei intensiv in der Prüfung.

Zur viel diskutierten Frage der Reichweite der Taurus-Waffen und möglichen ukrainischen Angriffen damit auf Ziele in Russland sagte die Außenministerin: »Das Recht auf Selbstverteidigung bedeutet, dass man sich verteidigen kann.« Allerdings gehe es eben nicht nur darum, was rechtlich erlaubt oder nicht erlaubt sei. Deutschland habe immer wieder deutlich gemacht: »Für uns ist die Basis aller Waffenlieferungen das Völkerrecht, das humanitäre Völkerrecht.«

Baerbock: Waffen für Verteidigung des Staatsgebietes

Es gehe auch um die breite Unterstützung der Welt für die Ukraine, sagte Baerbock. Weil es dabei auch um Vertrauen gehe, sei es immer wieder wichtig gewesen, »dass wir das Vertrauen in der ganzen Welt stärken müssen in unser eigenes Handeln« und dass es »uns um die Stärkung der Selbstverteidigung der Ukraine geht«. Aus diesem Grund habe die Bundesregierung den ukrainischen Streitkräften von Anfang an gesagt, dass deutsche Waffenlieferungen auf die Verteidigung des Staatsgebietes innerhalb der Ukraine beschränkt seien.

Baerbock hob auch hervor, bei ihren Gesprächen mit republikanischen Mitgliedern des US-Kongresses habe sie »viel guten Willen« für die weitere Unterstützung der Ukraine wahrgenommen. Es gibt die Befürchtung, dass die US-Unterstützung für die Ukraine abnehmen könnte, sollte der frühere republikanische US-Präsident Donald Trump bei der Wahl im November 2024 erneut an die Macht kommen.

Blinken betont Einigkeit bei Strategie gegenüber Peking

Blinken sagte, man habe auch eine gemeinsame Herangehensweise gegenüber China besprochen. Die deutsche China-Strategie stimme sehr gut mit jener der US-Regierung überein. Man teile bei den wirtschaftlichen Beziehungen zu China das Ziel eines Risikoabbaus und nicht einer Entkopplung.

Mit dem Zug von Washington zur UN-Vollversammlung

Baerbock macht sich seit Dienstag ein Bild von der politischen und gesellschaftlichen Gemengelage in den USA. Vor ihrem Besuch in der Hauptstadt war sie für zwei Tage in Texas. Wie Kanzler Olaf Scholz (SPD) wird sie kommende Woche an der Generalversammlung der Vereinten Nationen teilnehmen. Am Freitag wollte sie nach Abschluss ihrer offiziellen Termine in der Hauptstadt Washington mit dem Zug nach New York fahren. Dort waren am Samstag keine offiziellen Termine geplant.

© dpa-infocom, dpa:230915-99-211457/2