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US-Schulden-Deal: Biden und McCarthy werben um Zustimmung

Eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise scheint wegen des Deals im US-Schuldenstreit abgewendet - oder? Eine wichtige Hürde muss der Kompromiss noch nehmen.

Joe Biden
US-Präsident Joe Biden hat mit Kevin McCarthy einen Kompromiss besiegelt. Foto: Manuel Balce Ceneta
US-Präsident Joe Biden hat mit Kevin McCarthy einen Kompromiss besiegelt.
Foto: Manuel Balce Ceneta

Nach dem Kompromiss im US-Schuldenstreit werben Präsident Joe Biden und der Republikaner Kevin McCarthy um eine breite Zustimmung der Abgeordneten im Kongress. Der am Wochenende erzielte Durchbruch zur Aussetzung der US-Schuldenobergrenze bis 2025 im Gegenzug zu deutlichen Kürzungen bei den Ausgaben soll den bevorstehenden Zahlungsausfall der größten Volkswirtschaft der Welt abwenden - und damit auch eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise.

Doch linke und rechte Parlamentarier im Repräsentantenhaus sind mit den Ergebnissen nicht zufrieden und drohen damit, ihre Zustimmung zu verweigern. Eine Abstimmung in der Kammer ist für Mittwoch geplant.

Präsident Biden und McCarthy, der Republikanische Vorsitzende im Repräsentantenhaus, priesen den Kompromiss: Biden nannte den Deal eine »gute Nachricht« für das amerikanische Volk. Die Ausgaben würden gesenkt, gleichzeitig wichtige Programme für die arbeitende Bevölkerung geschützt und die Wirtschaft gestärkt. Außerdem sichere die Vereinbarung die wichtigsten Teile seiner Agenda. Der 80-Jährige räumte jedoch auch ein, »dass nicht jeder bekommt, was er will.« Biden forderte den Kongress - also Repräsentantenhaus und Senat - dazu auf, das Abkommen unverzüglich zu verabschieden.

McCarthy sprach von einer »Vereinbarung, die des amerikanischen Volkes würdig ist.« Es sei ganz einfach: Die Republikaner hätten gegen einen größeren Staatshaushalt und höhere Steuern gekämpft und gesiegt. »Die von uns eingeleiteten Systemreformen markieren den Beginn eines historischen Wandels in Washington«, schrieb er auf Twitter.

Beim Sender Fox News gab er sich zuversichtlich: »Ich denke, dass die Mehrheit der Republikaner für diesen Gesetzentwurf stimmen wird«. Auch Biden stehe hinter dem Text, »daher denke ich, dass auch viele Demokraten dafür stimmen werden.«

Entwurf muss durch beide Kammern

Der Entwurf muss so schnell wie möglich in beiden Kammern des Kongresses verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet werden, damit der Regierung das Geld nicht ausgeht. Finanzministerin Janet Yellen hatte zuletzt gewarnt, das Geld könnte am 5. Juni ausgehen. Vorausgegangen war ein intensiver Streit, der Biden sogar dazu veranlasst hatte, Auslandsreisen abzusagen.

Für Biden - der sich 2024 für eine zweite Amtszeit wählen lassen will - wäre ein rasches Durchwinken des Gesetzes auch aus anderem Grund wichtig: In Zeiten extremer Polarisierung in den USA hatte er immer wieder die Bedeutung parteiübergreifender Zusammenarbeit betont und sich als Politiker inszeniert, der trotz allem noch immer Deals mit den Republikanern erreichen kann.

Zustimmung im Repräsentantenhaus nicht garantiert

Eine Zustimmung am Mittwoch im Repräsentantenhaus gilt zwar als wahrscheinlich, ist aber nicht garantiert. Die Situation ist besonders verfahren, weil die Republikaner nur eine sehr knappe Mehrheit haben. In der Fraktion sitzen auch radikale Abgeordnete, die kein Interesse an einem realistischen Kompromiss zeigen. McCarthy ist zu Beginn des Jahres erst nach einem historischen Wahlchaos von seiner Fraktion zum Vorsitzenden gewählt worden. Das hatte seine Position enorm geschwächt.

Der Streit um die Schuldengrenze ist eine große Bewährungsprobe für McCarthy. Es muss ihm gelingen, einige Radikale hinter der Einigung zu versammeln, um eine möglichst breite eigene Mehrheit zu haben. Wäre er auf viele Stimmen der Demokraten angewiesen, weil seine Parteikollegen sich quer stellen, würde ihn das weiter schwächen.

Der nun erreichte Kompromiss soll den Umfang des Bundeshaushaltes, den die Demokraten unter Biden eigentlich vergrößern wollten, nun mit Ausnahme der Wehrausgaben faktisch einfrieren. Dafür würden die Budgets vieler Bundesbehörden und Ministerien angepasst. Die »New York Times« schätzte, dass die US-Regierung mit der neuen Regelung in den kommenden zehn Jahren etwa 650 Milliarden Dollar (606 Milliarden Euro) weniger ausgeben könnte - dies entspricht jedoch deutlich weniger tiefen Einschnitten als zuvor von den Republikanern verlangt. McCarthy sprach dennoch von »historischen Ausgabenkürzungen«.

Die Demokraten wollten die staatlichen Einnahmen eigentlich durch die stärkere Besteuerung von Reichen erhöhen. Dagegen stemmten sich die Republikaner. Sie hatten Biden im Gegenzug für eine Erhöhung der Schuldengrenze zu Einsparungen etwa im sozialen Bereich gedrängt.

So forderte McCarthy etwa, dass Menschen, die bestimmte soziale Leistungen erhalten, im Gegenzug einem Job nachgehen müssten. In diesem Punkt fanden beide Seiten einen Mittelweg - wie auch beim Geld für mehr Steuerfahnder, wo Biden auf Mittel verzichtete. Der Präsident verteidigte dagegen Anreize für CO2-arme Energie und seinen Plan, 40 Millionen Amerikanerinnen und Amerikanern Studiengebühren in Höhe von etwa 400 Milliarden Dollar zu erlassen.

In den USA legt das Parlament in unregelmäßigen Abständen eine Schuldenobergrenze fest. Mittlerweile ist dieser Schuldendeckel von rund 31,4 Billionen US-Dollar erreicht und das Finanzministerium muss die Kapitalreserven anzapfen. Für eine Anhebung - oder wie jetzt verhandelt einer Aussetzung bis 2025 - brauchen Biden und seine Demokraten die Republikaner im Kongress.

Streit hatte USA an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht

Der monatelange Streit hatte die USA an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Wenn es zu diesem nun zunehmend unwahrscheinlichen Fall käme, könnte eine folgende globale Finanzkrise einen starken wirtschaftlichen Abschwung auslösen. Die USA wären dann nicht mehr in der Lage, einen Großteil ihrer Rechnungen zu begleichen - Millionen Menschen würden in der Folge wohl ihre Jobs verlieren.

Der Streit hatte zwischenzeitlich sogar die Kreditwürdigkeit der USA bedroht. Die Ratingagentur Fitch behielt am Mittwochabend (Ortszeit) für die weltgrößte Volkswirtschaft zwar das Top-Rating »AAA« bei, senkte den Ausblick aber auf »negativ«, so dass eine Abstufung drohen könnte. Biden hatte immer wieder betont, dass es schon 78 Mal in der US-Geschichte geglückt sei, einen Zahlungsausfall zu verhindern.

© dpa-infocom, dpa:230529-99-862741/4