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US-Außenminister Blinken sagt Treffen mit Lawrow in Genf ab

Die jüngsten Entwicklungen bestätigen US-Präsident Biden in seinen Warnungen vor einer Eskalation Putins in der Ukraine. Außenminister Blinken sagt ein geplantes Treffen mit dem russischen Kollegen ab.

Joe Biden
US-Präsident Joe Biden spricht im East Room des Weißen Hauses zur Lage in der Ukraine. Foto: Alex Brandon
US-Präsident Joe Biden spricht im East Room des Weißen Hauses zur Lage in der Ukraine.
Foto: Alex Brandon

Angesichts der jüngsten Eskalation durch Moskau im Ukraine-Konflikt hat US-Außenminister Antony Blinken ein geplantes Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow abgesagt.

Auch plant das Weiße Haus laut Sprecherin Jen Psaki vorerst kein persönliches Treffen zwischen US-Präsident Joe Biden und Kremlchef Wladimir Putin mehr - in den vergangenen Tagen war das im Gespräch gewesen.

Biden sei grundsätzlich offen für Diplomatie und Gespräche auf höchster Ebene. Aber aktuell, da Putin die Invasion eines souveränen Landes vorantreibe, sei nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Biden rechnet weiter mit einem großangelegten Angriff Russlands auf das Nachbarland. »Wir glauben nach wie vor, dass Russland bereit ist, deutlich weiterzugehen und einen massiven Militärschlag gegen die Ukraine zu starten«, sagte Biden im Weißen Haus in Washington.

Er bezeichnete Moskaus Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk und die geplante Entsendung russischer Truppen in die ostukrainischen Gebiete als »Beginn einer Invasion« in die Ukraine. Russlands Präsident Wladimir Putin liefere »eine Begründung für die gewaltsame Einnahme weiterer Gebiete«.

Biden kündigt neue Sanktionen an

Biden kündigte wegen der jüngsten Eskalation durch Moskau neue Sanktionen gegen Russland an. Er bezeichnete die Maßnahmen als »erste Tranche« möglicher Sanktionen.

Betroffen war die russische Staatsbank VEB sowie ein etwas kleineres Institut, das Aktivitäten der russischen Streitkräfte finanziere. In einer Erklärung des Weißen Hauses hieß es dazu: »Diese Maßnahmen werden ihr Vermögen in den USA einfrieren, US-Personen und Firmen verbieten, mit ihnen Geschäfte zu machen, sie aus dem globalen Finanzsystem ausschließen und ihnen Zugang zum US-Dollar verwehren.«

Die US-Regierung betonte, alle russischen Finanzinstitutionen könnten sanktioniert werden und damit ihren Zugang zum US-Finanzsystem und dem Dollar verlieren. Der Großteil der russischen Währungsgeschäfte und etwa die Hälfte des russischen Außenhandels laufen derzeit noch in US-Dollar, hieß es weiter. Die US-Regierung hatte amerikanischen Finanzinstitutionen im vergangenen Jahr bereits den Handel mit Staatsanleihen auf dem Primärmarkt verboten, nicht aber im wichtigen Sekundärmarkt.

Kanada hat sich den USA angeschlossen. Kanadier dürften künftig ebenfalls keine russischen Staatsanleihen mehr kaufen oder mit zwei staatlichen russischen Banken Geschäfte machen, teilte die Regierung in Ottawa mit. Auch werde man Mitglieder des russischen Parlamentes bestrafen, die für die Anerkennung der separatistischen Regionen Luhansk und Donezk gestimmt hatten.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba begrüßte die amerikanischen Sanktionen. »Die Sanktionen, die heute angekündigt wurden, richten sich gegen Russland und sind sehr spezifisch. Sie sind schmerzhaft«, sagte er. »Wir können ihn immer noch stoppen, wenn wir (...) weiterhin Druck auf ihn ausüben«, sagte der Ukrainer mit Blick auf Putin.

Auch die Europäische Union brachte ein Verbot des Handels mit russischen Staatsanleihen auf den Weg. Zudem sollen mehrere Hundert Personen und Unternehmen auf die EU-Sanktionsliste kommen. Großbritannien verhängte Sanktionen gegen fünf russische Banken und drei russische Oligarchen. Die Bundesregierung wiederum legte die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 vorerst auf Eis.

Trump: Putin »genial« und »schlau«

Ex-US-Präsident Donald Trump bezeichnete Putins Vorgehen derweil in einer konservativen Radio-Talk-Sendung als »genial« und »schlau« und sagte weiter: »Das ist ein Mann, der sehr klug ist. Ich kenne ihn sehr gut.« Seinem Amtsnachfolger Biden warf er vor, im Umgang mit Russland zu versagen.

Trump hatte bereits zuvor Bidens Kurs in der Ukraine-Krise kritisiert und behauptet, wäre er Präsident, wären die Spannungen mit Russland nie derart eskaliert: Niemand sei jemals härter zu Russland gewesen, und Putin und er hätten einander respektiert. Kritiker hatten dagegen Trump in seiner Amtszeit vorgeworfen, den Kremlchef mit Samthandschuhen anzufassen.

Sprecherin Psaki erwiderte auf Nachfrage zu dem Trump-Kommentar: »Wir versuchen grundsätzlich, keine Ratschläge von jemandem anzunehmen, der Präsident Putin und dessen Militärstrategie lobt.«

Entsendung russischer Soldaten in die Ostukraine

Putin hatte am Montagabend die Unabhängigkeit der Separatistenregionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine anerkannt. Der Kremlchef ordnete auch eine Entsendung russischer Soldaten in die Ostukraine an. Das Oberhaus des Parlaments stimmte einem Truppeneinsatz in der Ostukraine zu. Putin plant damit bereits zum zweiten Mal nach 2014 einen Einmarsch in die Ukraine. Der Westen wirft ihm vor, damit gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Russland hat nach westlichen Angaben etwa 150.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen.

Biden kündigte weitere militärische Hilfe und Truppenverlegungen an. »Die Vereinigten Staaten werden der Ukraine in der Zwischenzeit weiterhin Verteidigungshilfe leisten, und wir werden unsere Nato-Verbündeten weiterhin stärken«, sagte er. Er habe zusätzliche Verlegungen von US-Streitkräften und Ausrüstung genehmigt, die sich bereits in Europa befänden.

Weiter offen für Diplomatie

Trotz der Eskalation zeigte sich Biden weiter offen für eine diplomatische Lösung. »Wenn alles gesagt und getan ist, werden wir Russland nach seinen Taten und nicht nach seinen Worten beurteilen«, betonte er. »Die Vereinigten Staaten und unsere Verbündeten und Partner sind weiterhin offen für Diplomatie. Wenn sie ernst gemeint ist.«

Zugleich betonte Biden den Zusammenhalt des Westens in dem Konflikt: »Wir sind uns einig in unserer Unterstützung für die Ukraine. Wir sind uns einig in unserem Widerstand gegen die russische Aggression und wir sind uns einig in unserer Entschlossenheit, unser Nato-Bündnis zu verteidigen.«

Biden äußerte sich nicht dazu, ob er weiterhin bereit sei, Putin zu einem persönlichen Gespräch zu treffen. Einer solchen möglichen Zusammenkunft hatte er am Wochenende unter der Bedingung zugestimmt, dass Russland vorher nicht in die Ukraine einmarschiert.

© dpa-infocom, dpa:220222-99-242654/19