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Union: Bund muss mehr für Kriegsflüchtlinge tun

Die Aufnahme von aus der Ukraine vertriebenen Menschen stellt Bund, Länder und Kommunen vor große Herausforderungen. Bei der Verteilung hapert es noch, finden etwa Städtetag und Union.

Polizist mit geflüchtetem Kind
Ein Polizist verteilt im niedersächsischen Laatzen Schokolade an ein aus der Ukraine geflüchtetes Mädchen. Foto: Ole Spata
Ein Polizist verteilt im niedersächsischen Laatzen Schokolade an ein aus der Ukraine geflüchtetes Mädchen.
Foto: Ole Spata

Die Union hat die Bundesregierung aufgefordert, noch mehr für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zu tun und auch für eine europaweite Verteilung zu sorgen.

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher sagte der Deutschen Presse-Agentur, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) »muss sich endlich um die Koordination der Aufnahme und Hilfe für Frauen und Kinder zwischen Bund, Land und Kommunen kümmern«. »Ich sehe nur Laissez-faire statt Führung. Darunter leiden die geflüchteten Frauen und Kinder aus der Ukraine«, sagte Breher. Es müsse »sichergestellt werden, dass Ankunft und Aufnahme von Geflüchteten endlich besser - von staatlicher Seite - koordiniert werden. Da überlässt die Ampel zu viel dem Zufall.«

Solidarische Verteilung gefordert

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), bezeichnete die schnelle Hilfe für die Flüchtlinge als »einen gemeinsamen nationalen als auch europäischen Kraftakt«. Der CSU-Politiker hob im Redaktionsnetzwerk Deutschland zwar hervor, dass die Bundesregierung eine gerechte Verteilung auf die Bundesländer sowie eine Entlastung der Hotspotregionen zugesagt habe. Genauso wichtig sei aber eine geordnete und faire Verteilung zwischen den EU-Mitgliedern. »Auch hier sehe ich die Bundesregierung in der Pflicht«, sagte Herrmann.

Der nordrhein-westfälische Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) mahnte ebenfalls eine solidarische Verteilung der Flüchtlinge auch europaweit an. Bundeskanzler Olaf Scholz müsse mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron »sofort zu einem europäischen Gipfel einladen«, forderte Stamp in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. Bundesinnenministerin Faeser versicherte im RND-Interview: »Es geht jetzt um die bestmögliche Versorgung, Unterbringung und Verteilung – sowohl innerhalb Deutschlands als auch innerhalb der EU.« Sie versprach zugleich die Bereitstellung zusätzlicher Unterkünfte in Bundesimmobilien.

Bayern stellt eine Milliarde Euro bereit

Bayern stellt für die Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine bis zu eine Milliarde Euro bereit. Das kündigten Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) am Mittwoch nach einer Videoschalte mit den Landräten und Oberbürgermeistern an. Die Kommunen bekommen die Kosten, die ihnen für die Unterbringung entstehen, zu 100 Prozent erstattet - das sei die Zusage des Freistaats. Gleichzeitig fordert die Staatsregierung vom Bund, die Kosten zu übernehmen. Man hoffe dann auf entsprechende Erstattungen, sagte Herrmann.

Städtetag: »Verlieren zu viel Zeit«

Der Deutsche Städtetag forderte einen Flüchtlingsgipfel von Bund, Ländern und Kommunen, um die Verteilung der Kriegsflüchtlinge in die Bundesländer zu regeln. »Wir verlieren zu viel Zeit mit den Abstimmungen zwischen Bund und Ländern«, beklagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy, in der »Rheinischen Post«. Ein Flüchtlingsgipfel »sollte das Signal aussenden, dass wir die Fluchtbewegung durch diesen Krieg mit einer großen Kraftanstrengung gemeinsam bewältigen wollen.« Dabei erwarte der Städtetag von Bund und Ländern auch klare Zusagen, dass sie die Städte in großem Umfang bei der Finanzierung der Unterbringung und Versorgung der Menschen unterstützen.

Der IMK-Vorsitzende Herrmann ging davon aus, dass ein Teil der ukrainischen Kriegsflüchtlinge dauerhaft in Deutschland bleiben wird. »Auch wenn wir die weitere Entwicklung des Kriegs nicht absehen können und gemeinsam hoffen, dass der Konflikt schnell endet und die Menschen in ihre Heimat zurückkehren können, müssen wir uns auf eine dauerhafte Unterbringung einstellen«, sagte Herrmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Bund dürfe die Länder und Kommunen in diesem Fall »nicht im Regen stehen lassen«, sagte der CSU-Politiker.

Bisher rund 175.000 Menschen

Die deutschen Behörden registrierten binnen eines Tages rund 15.000 Flüchtlinge aus der Ukraine. Seit Beginn des russischen Angriffs sind damit 174.597 Menschen aus der Ukraine nach Deutschland eingereist und dabei registriert worden, wie das Bundesinnenministerium am Mittwoch mitteilte. Die meisten sind Frauen und Kinder. Erfasst werden allerdings nur jene, die von der Bundespolizei festgestellt werden, etwa an der österreichisch-bayerischen Grenze oder in Zügen.

Im Regelfall gibt es aber keine festen Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen, und Ukrainer dürfen erst einmal ohne Visum einreisen - die Zahl der Angekommenen ist daher wahrscheinlich deutlich höher. Nicht erfasst wird außerdem, wie viele womöglich von Deutschland aus weiterreisen zu Freunden oder Verwandten in anderen Staaten.

Nach UN-Angaben haben bereits mehr als drei Millionen Menschen aus der Ukraine im Ausland Zuflucht gesucht. Die meisten blieben zunächst in den Nachbarländern.

© dpa-infocom, dpa:220316-99-536762/7