Nach der Eskalation des russischen Krieges gegen die Ukraine mit zahlreichen neuen Raketenangriffen rechnet der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), Filippo Grandi, mit neuen Vertriebenen. Wenn Menschen durch die Zerstörungen keine Bleibe, keine Heizung und Versorgung mehr hätten, werde die Zahl derer, die andernorts Zuflucht suchen, steigen, sagte Grandi am Montagabend in Genf.
Allerdings sei die Ukraine mit internationaler Unterstützung heute besser als zu Kriegsbeginn vorbereitet, um in den vom Krieg weniger betroffenen Landesteilen vertriebene Landsleute aufzunehmen. Deshalb bedeute die Eskalation nicht unbedingt eine neue Welle von Flüchtlingen in den Nachbarländern.
In der Ukraine sind nach Angaben von Grandi zur Zeit sechs bis sieben Millionen Menschen vertrieben, weil Häuser und Wohnungen in ihren Heimatdörfern und -städten nicht bewohnbar sind. Rund vier Millionen Menschen aus der Ukraine hätten in den Nachbarländern und Europa Schutzstatus beantragt.
Generell äußerte Grandi große Sorge, dass die Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen stark steigen wird. Sie war schon Ende 2021 so hoch wie nie zuvor: knapp 90 Millionen Menschen weltweit, mit dem russischen Krieg sind es bereits mehr als 100 Millionen. Es gebe einfach keine Lösungen für Krisen, sagte Grandi. Er prangerte das Versagen des Weltsicherheitsrates an, der für politische Lösungen zuständig sei. »Wenn diese multipolare Welt weiterhin so feindselig, aggressiv und nationalistisch ist, habe ich keinen Zweifel, das diese Zahl deutlich steigen wird«, sagte Grandi.
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