Bei Umweltschützern stößt der voraussichtliche Weiterbetrieb von zwei deutschen Atomkraftwerken auf Kritik. »Es ist und bleibt energiepolitischer Unsinn, den gesetzlich festgelegten Atomausstieg zum 31. Dezember 2022 auszuhebeln«, sagte der Atomexperte Heinz Smital von Greenpeace. »Die Strommangellage in Frankreich durch Abschaltung zahlreicher AKWs zeigt, wie unzuverlässig Atomenergie ist. Daneben besteht das Risiko katastrophaler Atomunfälle.«
Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutzschutz Deutschland (BUND), äußerte sich ähnlich: »Der Stresstest hat gezeigt, dass ein Weiterbetrieb deutscher Atomkraftwerke die Energiesicherheit weder in Deutschland noch in Frankreich qualitativ verbessern wird.« Atomkraftwerke bedeuteten »ein permanentes Sicherheitsrisiko«.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Dienstagabend erläutert, dass er einen Weiterbetrieb von zwei Atomkraftwerken über das Jahresende hinaus erwartet. Stand heute gehe sein Ministerium davon aus, dass man die »Reserve« ziehen werde und die Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim im ersten Quartal 2023 weiter am Netz sein werden. Er habe sich mit den Betreibern der Atomkraftwerke in Bayern und Baden-Württemberg auf Eckpunkte zur Umsetzung der geplanten Einsatzreserve bis spätestens Mitte April 2023 verständigt.
Hintergrund sei vor allem die angespannte Lage auf dem französischen Strommarkt. Mehr als die Hälfte der dortigen Atomkraftwerke sei nicht am Netz, es fehlten daher Strommengen, die Deutschland zum Teil mit Strom aus Gaskraftwerken ausgleiche.
AfD fordert »Zukunft mit Kernenergie«
Die AfD will über die Übergangslösung hinaus auch künftig auf Atomkraft setzen. »Es ist blamabel, dass sich die Bundesregierung auf die Kernenergielieferungen aus Frankreich verlässt, selbst aber auf Wind und Sonne setzt«, sagte Stephan Brandner, stellvertretender Bundessprecher der Alternative für Deutschland. »Wir brauchen in Deutschland eine klare Strategie für eine Zukunft mit Kernenergie; wir brauchen zukunftsorientierte Kernenergieforschung und endlich eine innovative Herangehensweise an das Thema Energieversorgung.«
Unterstützung bekam Habeck von Baden-Württembergs grünem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Er nannte die Eckpunkte »einen schlüssigen und verbindlichen Fahrplan«. Genau das sei in der derzeitigen schwierigen Lage angebracht, um einen Stromnetzengpass in Süddeutschland zu verhindern. Im Bund hatte der Ampel-Koalitionspartner FDP bereits moniert, dass Habecks Ankündigungen nicht abgestimmt seien und auch nicht ausreichten, um die angespannte Lage auf dem Strommarkt in den Griff zu bekommen.
Habeck hatte Anfang September den Plan für einen möglichen Reservebetrieb von zwei der drei noch laufenden Atomkraftwerke in Deutschland angekündigt. Der dritte noch aktive Meiler in Niedersachsen (Emsland) soll nicht Teil dieser Notfallreserve sein und fristgerecht zum 31. Dezember abgeschaltet werden. Eine endgültige Entscheidung zum AKW-Weiterbetrieb sei aber noch nicht getroffen. Sie müsse »spätestens im Dezember« fallen, erklärte Habeck.
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