Auf der UN-Klimakonferenz in Dubai hat ein Netzwerk von Umweltorganisationen den Negativpreis »Fossil des Tages« an Israel vergeben - mit drastischen Formulierungen zum laufenden Militäreinsatz im Gaza-Krieg.
»Das Handeln Israels zielt darauf ab, das palästinensische Volk durch den sich entfaltenden Völkermord und ethnische Säuberung zu eliminieren«, erklärte das Climate Action Network (CAN). Ihm gehören nach eigenen Angaben mehr als 1900 zivilgesellschaftliche Organisationen in mehr als 130 Staaten und auf internationaler Ebene an - darunter Greenpeace, Oxfam, WWF und Germanwatch. Die deutschen Organisationen gingen teils auf Distanz.
In einer Pressemitteilung vom Sonntagabend heißt es, der »Konflikt« habe bereits das Leben von 7000 palästinensischen Kindern gekostet. Israel habe in den vergangenen zwei Tagen Kliniken bombardiert und dabei umliegende Zelte von Flüchtlingen verbrannt, inklusive deren Bewohnern. Die islamistische Hamas, die den Krieg mit einem Überfall auf Israel am 7. Oktober ausgelöst hatte, wird nicht erwähnt.
Mitarbeit an CAN-Gremium ausgesetzt
Die in Bonn ansässige Organisation Germanwatch distanzierte sich. »Die Begründung für das Fossil of the day an Israel am 10.12.23 machen wir uns trotz des sehr problematischen Vorgehens Israels im Gazastreifen weder zu eigen, noch tragen wir sie mit«, erklärte der Politische Geschäftsführer Christoph Bals auf dpa-Anfrage. Germanwatch habe sich in den Auswahlprozess nur indirekt über CAN Europe einbringen können. »Wir haben gegen die Auswahl Israels gestimmt und – als diese dann doch vollzogen wurde – unsere roten Linien für die Begründung mitgeteilt. Diese Eingabe wurde dieses Mal leider nicht berücksichtigt.«
Als Konsequenz habe man am Morgen die Mitarbeit in der Politischen Koordinierungsgruppe von CAN International ausgesetzt. Das Gremium aus rund 50 Personen hatte sich laut Bals während der COP28 täglich getroffen, um strategische Absprachen zu treffen. In den Arbeitsgruppen zu den wichtigen Klimathemen arbeite man aber weiter mit.
Greenpeace und Oxfam distanzieren sich
Martin Kaiser, Chef von Greenpeace Deutschland, distanzierte sich »mit aller Deutlichkeit von dieser Aussage« und kritisierte die Verknüpfung von Klimakrise mit dem Nahostkonflikt. Zwar sei Greenpeace International Mitglied des Netzwerks, habe aber nicht für die Auswahl gestimmt und würde dies auch nicht tun. »Greenpeace Deutschland hat den mörderischen Angriff der Hamas in aller Deutlichkeit verurteilt, sich an die Seite der bedrohten jüdischen Menschen in Deutschland gestellt und gleichzeitig seine große Sorge über die vielen Toten auf beiden Seiten und die humanitäre Krise in Gaza zum Ausdruck gebracht«, sagte Kaiser weiter.
Auch Oxfam Deutschland nahm Abstand. »Wir machen uns diese Aussage nicht zu eigen und unterstützen sie in keiner Form«, teilte die Organisation auf Anfrage mit. Man sei bestürzt über die »skrupellose Gewalt der Hamas« und verurteile diese aufs Schärfste. Gleichzeitig sei man auch besorgt »über die eskalierende militärische Gewalt und humanitäre Lage im Gazastreifen«. An der Auswahl und Begründung sei die Organisation nicht beteiligt gewesen.
WWF Deutschland gab an, ebenfalls nicht an der Auswahl oder der Begründung beteiligt gewesen zu sein. Allerdings distanzierte sich die Organisation nicht von weiterer Zusammenarbeit mit dem Netzwerk. Die vielen zivilen Opfer des Krieges bewegten viele in der Klimabewegung, hieß es. »Dabei entscheiden sich unterschiedliche Akteure für unterschiedliche Strategien.« Man verurteile Verletzungen des Völkerrechts. »Wir sind solidarisch mit den Opfern des Terrors und den zivilen Opfern des Konflikts auf beiden Seiten und stehen an der Seite der Israelis und Palästinenser, die sich nach einem echten und dauerhaften Frieden sehnen.«
Der Gaza-Krieg spielt auch auf der UN-Klimakonferenz mit ihren 97.000 Teilnehmern aus aller Welt eine Rolle. Bei Protesten auf dem Gelände wird der Konflikt immer wieder thematisiert.
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