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Ultrarechte Meloni als Regierungschefin Italiens vereidigt

Wochenlang rangelten die Rechtsparteien um Ministerposten in Italiens neuem Kabinett. Das ist nun vereidigt worden - und Postfaschistin Giorgia Meloni schreibt als Ministerpräsidentin Geschichte.

Giorgia Meloni
Der stellvertretende Ministerpräsident Italiens, Matteo Salvini, gratuliert der neuen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bei der Vereidigungszeremonie. Foto: Alessandra Tarantino
Der stellvertretende Ministerpräsident Italiens, Matteo Salvini, gratuliert der neuen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bei der Vereidigungszeremonie.
Foto: Alessandra Tarantino

Giorgia Meloni ist als erste Frau in der Geschichte Italiens im Amt der Regierungschefin vereidigt worden. Die Parteichefin der rechtsradikalen Fratelli d'Italia legte dazu am Samstagvormittag vor Staatschef Sergio Mattarella den Eid ab.

Auch die Frauen und Männer ihres Kabinetts wurden im Quirinalspalast in Rom eingeschworen. Italien wird zukünftig von einer rechten Regierung bestehend aus den Fratelli, der konservativen Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi und der rechtspopulistischen Lega von Matteo Salvini regiert.

Am Sonntag ist eine Übergabe zwischen der neuen Regierungschefin Meloni und ihrem Vorgänger Mario Draghi im Palazzo Chigi geplant, außerdem kommt der Ministerrat zu einer ersten Sitzung zusammen. Das Kabinett der 45 Jahre alten Römerin benötigt danach noch die Bestätigung per Vertrauensvotum in den beiden Parlamentskammern, was laut Beobachtern Anfang kommender Woche geschehen könnte. Das Rechtsbündnis verfügt seit der Wahl am 25. September über eine absolute Mehrheit im Parlament, weshalb die Abstimmung für die neue Regierung keine große Hürde werden dürfte.

Formale Glückwünsche aus der EU und den USA

Meloni ging bei der Parlamentswahl im September mit ihren Fratelli mit 26 Prozent der Stimmen als deutliche Wahlsiegerin hervor. Die Ultrarechten mit faschistischen Wurzeln waren zuvor lediglich eine kleine Oppositionspartei im Parlament. Unter der neuen rechten Regierung dürfte Italiens Haltung beim Thema Migration ablehnender werden. Das Bündnis betonte zudem, sich stärker für die Interessen Italiens einsetzen zu wollen. Melonis Haltung zur EU bereitete in Europa bereits Sorgen. Unlängst erklärte sie, Italien werde voll und ganz Teil Europas und der Atlantischen Allianz bleiben.

Glückwünsche kamen unter anderem aus Berlin, Brüssel und den USA. Bundeskanzler Olaf Scholz gratulierte Meloni. Er freue sich darauf, die enge Zusammenarbeit mit Italien in der EU, in der Nato und den G7 fortzusetzen, twitterte Scholz am Samstagabend. Er dankte zugleich Ex-Regierungschef Draghi und wünschte ihm alles Gute.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gratulierte per Twitter zur Ernennung und freute sich auf eine »konstruktive Zusammenarbeit«. Dasselbe wünschte sich EU-Ratspräsident Charles Michel. Die EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola erinnerte in ihrem Glückwunsch-Tweet an die »enormen Herausforderungen«, vor denen Europa stehe. US-Präsident Joe Biden sprach in seiner Nachricht an Meloni von Italien als wichtigem Nato-Verbündeten und engem Partner, »da unsere Länder gemeinsame globale Herausforderungen angehen«. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban nannte Meloni in seiner Glückwunschnachricht auf Facebook »eine, die niemals aufgibt«.

Zuletzt hatte es Meloni offenbar eilig: Am Freitagvormittag war das Rechtsbündnis zu Regierungsberatungen bei Mattarella geladen. Wenige Stunden später kam Meloni erneut zu ihm, legte einen Kabinettsentwurf vor und nahm den Auftrag zur Bildung einer Regierung an. In den Tagen zuvor hatten die Parteien ihrer Allianz noch um die Besetzung einiger Ministerien gestritten. Überschattet wurde dies obendrein von putinfreundlichen Aussagen des 86 Jahre alten Berlusconi.

Tajani und Salvini werden Stellvertreter

Im neuen Kabinett haben die Fratelli mit neun Posten die meisten Minister. Lega und Forza Italia erhielten je fünf. Außenminister und Melonis Stellvertreter wird der EU-Politiker Antonio Tajani (Forza Italia). Lega-Chef Salvini ist ebenfalls Vize-Premier und musste sich mit dem Infrastrukturministerium zufrieden geben. Zunächst beanspruchte er das Innenministerium, das er 2018 in der Regierung Conte mit einer harten Anti-Migrationspolitik leitete. Innenminister wird nun stattdessen der Präfekt Roms, Matteo Piantedosi - einer von fünf parteilosen Experten des Kabinetts.

Der umkämpfte Posten im Justizministerium ging an den Fratelli und Ex-Staatsanwalt Carlo Nordio. Berlusconi hatte lange darum gerungen, seine Vertraute Maria Elisabetta Casellati dort einzusetzen. Sie wird nun Reform-Ministerin. Das wichtige Finanzministerium übernimmt der Lega-Politiker Giancarlo Giorgetti. Verteidigungsminister wird der Fratelli-Mitbegründer Guido Crosetto, der zuvor wegen möglicher Interessenskonflikte als Unternehmer in der Rüstungsbranche in der Kritik stand. Am Freitag erklärte er, die Leitungsrolle bei jedem privaten Unternehmen bereits abgelegt zu haben.

© dpa-infocom, dpa:221022-99-217577/9