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Tochter malte Antikriegsbild: Vater zu Straflager verurteilt

Russland duldet keine Kritik an seinem Vorgehen in der Ukraine. Nun wurde ein Mann verurteilt, weil er die Armee diskreditiert haben soll. Aber auch das Verhalten seiner Tochter spielte offenbar eine Rolle.

Stacheldraht
Ein Mann muss wegen angeblicher Diskreditierung der russischen Armee und wegen eines Antikriegsbildes seiner Tochter zwei Jahre ins Straflager (Symbolbild). Foto: Matthias Tödt
Ein Mann muss wegen angeblicher Diskreditierung der russischen Armee und wegen eines Antikriegsbildes seiner Tochter zwei Jahre ins Straflager (Symbolbild).
Foto: Matthias Tödt

In Russland ist ein alleinerziehender Vater nach einem Antikriegsbild seiner Tochter zu zwei Jahren Straflager verurteilt worden. Der 54-Jährige war aber noch vor der Verkündung des Urteils aus dem Hausarrest geflohen, wie eine Gerichtssprecherin bestätigte. Als die Nachricht von seiner Flucht bekannt wurde, gab es im Gerichtssaal der Stadt Jefremow südlich von Moskau Applaus. Der Mann stand wegen »wiederholter Diskreditierung der russischen Armee« im Krieg gegen die Ukraine vor Gericht.

Der Fall hat in Russland für einiges Aufsehen gesorgt, weil die minderjährige Tochter wegen ihres Bildes ins Kinderheim gebracht worden war. Offiziell drehen sich die Vorwürfe gegen den Vater um Einträge in sozialen Netzwerken. Dort soll er mehrfach Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine kritisiert haben. Der Mann bestritt das. Er behauptet, der Zugang zu seinem Computer sei ohne sein Wissen von anderen genutzt worden.

Russland hatte im Zuge des Krieges die Gesetze verschärft und Kritik an der Armee unter Strafe gestellt. Der Fall geriet durch ein Bild seiner Tochter im Zeichenunterricht ins Rollen: Als die Lehrerin die Kinder aufforderte, Bilder zur Unterstützung der Streitkräfte in der Ukraine zu malen, zeichnete die damals Zwölfjährige eine russische und ukrainische Flagge, die sie mit den Slogans »Nein zum Krieg« und »Ruhm der Ukraine« versah.

Verfahren mit einstudierten belastenden Aussagen?

Die Schule rief die Polizei. Daraufhin wurde der Vater einen Tag später erstmals auf die Polizeistation gebracht und eine Geldstrafe gegen ihn verhängt. Als im Winter auch kriegskritische Kommentare seiner Tochter im Internet auftauchten, durchsuchten die Behörden seine Wohnung und leiteten das Strafverfahren ein. Im Gerichtssaal saßen mehrere Frauen, die seine Freilassung forderten. Es gab aber auch Frauen, die eine Haftstrafe verlangten.

Unabhängige Medien berichteten aus dem Gerichtssaal von einem inszenierten Verfahren mit einstudierten belastenden Aussagen vermeintlicher Zeugen. Es seien keine Beweise vorgelegt worden. Der Kremlkritiker Michail Chodorkowski kommentierte, dass der Machtapparat den Vater nutze, um das vom Gesetz nicht zu belangende Kind doch zu bestrafen.

© dpa-infocom, dpa:230327-99-109477/4