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Tiflis: 66 Festnahmen nach Protest gegen »Agenten«-Gesetz

Kritiker befürchten, dass durch das Gesetzesvorhaben die Demokratie unterhöhlt wird. Das zog in der georgischen Hauptstadt tausende Menschen auf die Straße. Neue Demonstrationen wurden bereits angekündigt.

Proteste in Georgien
Das umstrittene »Agenten«-Gesetz hat in Tiflis tausende Menschen auf die Straße gezogen, es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Foto: Zurab Tsertsvadze
Das umstrittene »Agenten«-Gesetz hat in Tiflis tausende Menschen auf die Straße gezogen, es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Foto: Zurab Tsertsvadze

Die Polizei der Südkaukasusrepublik Georgien hat nach offiziellen Angaben bei den schweren Protesten gegen das umstrittene »Agenten«-Gesetz in der Nacht 66 Demonstranten festgenommen.

Das Innenministerium wirft den Festgenommenen geringfügiges Rowdytum und Widerstand gegen die Staatsgewalt vor, teilten georgische Medien heute mit. Gestern hatte das Parlament in Tiflis den Gesetzesentwurf »Über die Transparenz ausländischen Einflusses«, der offiziell auf die Offenlegung von Geldflüssen aus dem Ausland abzielt, in erster Lesung mehrheitlich verabschiedet. Kritiker befürchten, dass die georgische Bestimmung nach dem Vorbild eines ähnlich lautenden Gesetzes in Russland wirken könnte.

Gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei

Mehrere tausend Menschen sind gegen das umstrittene Gesetz gegen »Auslandsagenten« in der Hauptstadt Tiflis auf die Straße gegangen. Am Abend kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei, die die Menschen mit Tränengas, Rauchgranaten und Wasserwerfern auseinandertrieb. Die Demonstranten ihrerseits versuchten, das Parlamentsgebäude zu stürmen. Die Opposition hat bereits neue Protestaktionen für den Abend angekündigt.

Die Präsidentin der Ex-Sowjetrepublik Georgien, Salome Surabischwili, hat sich derweil an die Demonstranten gewandt und ihnen ihre Unterstützung versichert. Sie werde ein Veto gegen das Gesetz einlegen, sollte es vom Parlament verabschiedet werden. Bürgerrechtler befürchten, dass eine Annahme des Gesetzes die Demokratie Georgiens unterhöhlt und die Perspektiven des Landes auf einen EU-Beitritt verschlechtert. Mit einem ähnlichen Gesetz in Russland wird seit Jahren die Opposition gegängelt.

Baltenstaaten reagieren besorgt

Die Außenminister der baltischen Staaten haben sich ernsthaft besorgt über eine umstrittene neue Regelung über »ausländische Agenten« in Georgien gezeigt. Der vom Parlament in Tiflis in erster Lesung angenommene Gesetzesentwurf »Über die Transparenz ausländischen Einflusses« werfe ernsthafte Fragen über die Aussichten der Demokratie in der Kaukasusrepublik auf, teilten Urmas Reinsalu (Estland), Edgars Rinkevics (Lettland) und Gabrielius Landsbergis (Litauen) am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung mit.

»Wir fordern das Parlament von Georgien auf, die wahren Interessen des Landes verantwortungsbewusst zu bewerten und Entscheidungen zu unterlassen, die die Bestrebungen der georgischen Bevölkerung untergraben könnten, in einem demokratischen Land zu leben, das sich der EU und der Nato annähert«, schrieben die Chefdiplomanten der drei baltischen EU- und Nato-Länder. Zugleich riefen sie die georgische Regierung dazu auf, das Recht der Bevölkerung auf friedlichen Protest zu respektieren.

Estland bestellte zudem den georgischen Botschafter in Tallinn ein, um die »große Unzufriedenheit über die Entscheidung des georgischen Parlaments« zum Ausdruck zu bringen. »Das Gesetz steht in klarem Widerspruch zu den bisherigen Bestrebungen Georgiens nach einer raschen euro-atlantischen Integration«, hieß es in einer Mitteilung. 

© dpa-infocom, dpa:230308-99-873478/5