US-Präsident Joe Biden hat fast 60 Jahre nach der Ermordung des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy mehr als 13.000 bisher geheim gehaltene Dokumente im Zusammenhang mit dem Attentat veröffentlichen lassen. Damit seien nun 97 Prozent der Kennedy-Akten öffentlich zugänglich, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre. Sie hatte zunächst von mehr als 12.000 Dokumenten gesprochen. Das Nationalarchiv teilte mit, es seien 13.173 Dokumente.
Biden komme damit seinem Versprechen nach, »alle Informationen im Zusammenhang mit der Ermordung Präsident Kennedys im größtmöglichen Umfang offenzulegen«, soweit dies im Einklang mit der nationalen Sicherheit sei, sagte Jean-Pierre.
Großteil der Dokumente längst zugänglich
Ein Großteil der insgesamt rund fünf Millionen Schriftstücke, Fotos, Videos, Audio-Aufnahmen und Artefakte in Verbindung mit dem Attentat sei bereits seit Ende der 1990er Jahre komplett zugänglich, schreibt das US-Nationalarchiv auf seiner Webseite. Seit 2017 seien nochmals gut 53.000 teilweise redigierte Dokumente veröffentlicht worden.
Mehr als 3000 Dokumente sind laut US-Nationalarchiv noch immer unter Verschluss. Ein Teil davon soll in sechs Monaten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, sagte Jean-Pierre. Biden habe angeordnet, dass alle Informationen, die in Zusammenhang mit der Ermordung Kennedys stehen, veröffentlicht werden sollen, sobald die nationale Sicherheit dies zulasse.
»Die Geschichte wird sich dadurch nicht verändern«
Der Politikwissenschaftler Larry Sabato, Autor des Buches "The Kennedy Half-Century" sagte dem US-Nachrichtensender CNN, er erwarte sich keine bahnbrechenden neuen Erkenntnisse aus den veröffentlichten Dokumenten. »Die Geschichte wird sich dadurch nicht verändern«, sagte Sabato. Der US-Auslandsgeheimdienst CIA, dem manche Verschwörungstheoretiker eine Verwicklung in das Attentat nachsagen, erklärte gegenüber US-Medien, dass alle Informationen, über die der Dienst verfüge und die im direkten Zusammenhang mit dem Kennedy-Attentat stehen, bereits veröffentlicht seien.
Kennedy war am 22. November 1963 in Dallas im US-Staat Texas im offenen Auto erschossen worden. Der demokratische Politiker wurde nur 46 Jahre alt. Die von Kennedys Amtsnachfolger Lyndon B. Johnson eingesetzte Untersuchungskommission kam zu dem Ergebnis, dass der mutmaßliche Attentäter Lee Harvey Oswald allein handelte. Bis heute sind die Umstände des Attentats und die kurz darauf folgende Ermordung Oswalds vor laufenden Fernsehkameras Quelle zahlreicher Verschwörungstheorien.
Im Jahr 1991 sorgte der Kinofilm »JFK - Tatort Dallas« des Regisseurs Oliver Stone mit Kevin Costner in der Hauptrolle für Aufsehen. Er basierte auf einem Buch des ehemaligen Bezirksstaatsanwalts von New Orleans, Jim Garrison, der Ende der 1960er Jahre vor Gericht zu beweisen versuchte, dass Oswald nicht der alleinige Schütze gewesen sein konnte.
Unter anderem aufgrund des durch den Film wiedererweckten öffentlichen Interesses an dem Attentat verabschiedete der US-Kongress 1992 ein Gesetz, das die Veröffentlichung aller Kennedy-Akten bis 2017 vorschrieb. Aus Gründen der nationalen Sicherheit und der Corona-Pandemie wurde die Frist mehrmals nach hinten verschoben.
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