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Tarifstreit: Gewerkschaften pochen auf Arbeitgeber-Angebot

Die Gewerkschaften fordern für ihre Beschäftigten eine Steigerung der Einkommen von Bund und Kommunen. Nun steht die zweite Tarifrunde an. Kommt es zu keiner Einigung, drohen weitere Warnstreiks.

Protest vor Tarifverhandlungen
Mitglieder der dbb Beamtenbund und Tarifunion und anderer Berufsgruppen demonstrieren in Potsdam. Foto: Carsten Koall
Mitglieder der dbb Beamtenbund und Tarifunion und anderer Berufsgruppen demonstrieren in Potsdam.
Foto: Carsten Koall

In der zweiten Runde der Tarifverhandlungen für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im Bund und in den Kommunen haben die Gewerkschaften auf ein Angebot von Arbeitgeberseite gepocht. Anderfalls könnten die bisherigen Warnstreiks ausgeweitet werden. Innenministerin Nancy Faeser zeigte sich optimistisch, dass man eine Lösung finden werde.

»Die Arbeitgeber sind jetzt am Zug«, sagte Verdi-Chef Frank Werneke zu Beginn der Verhandlungsrunde in Potsdam. »Wir erwarten, dass es ein Angebot gibt. Und zwar ein Angebot, das nicht Taktiererei bedeutet, sondern das Perspektive für einen Abschluss ermöglicht.« Dass Verdi in der gesamten Breite des öffentlichen Dienstes streik- und mobilisierungsfähig sei, habe sich gezeigt in den letzten Wochen. »Und natürlich ist das auch jederzeit ausbaubar«, sagte Werneke.

In dem Tarifstreit kam es bisher zu keiner nennenswerten Annäherung. Für die Tarifbeschäftigten von Bund und Kommunen fordern Verdi und der Beamtenbund dbb eine Steigerung der Einkommen von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Laut Bundesinnenministerium hätte der Mindestbetrag in den unteren Entgeltgruppen Steigerungen von teilweise über 20 Prozent zur Folge. Auszubildende, Studierende sowie Praktikantinnen und Praktikanten sollen monatlich 200 Euro mehr erhalten.

Tragfähige Lösungen in Sicht?

Innenministerin Faeser gab sich »davon überzeugt, dass wir auch jetzt in den nächsten zwei Tagen tragfähige Lösungen finden werden«. Sie werde sich dafür einsetzen, dass es ein Angebot von Arbeitgeberseite geben werde.

Weniger optimistisch klang die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände. Dem Vorstandsvorsitzenden Wolf-Rüdiger Michel zufolge liegen die Positionen der Verhandler noch sehr weit auseinander. Die Tarifforderungen seien so nicht zu schultern. Die Kommunen müssten auch investieren, in Schulen, in Kindergärten oder in die Mobilitätswende, sagte Michel. Das wäre dann ohne deutliche Erhöhung von Gebühren und Abgaben nicht möglich. »Und das kann ich mir bei der derzeitigen Belastung der Bürgerinnen und Bürger so nicht vorstellen.«

Der dbb forderte die Kommunen auf, ihre Beschäftigten im Kampf zu unterstützen. »Statt gegen die eigenen Beschäftigten sollten die Kommunen lieber mit ihnen zusammen für eine bessere Finanzausstattung kämpfen«, sagte der Vorsitzende Ulrich Silberbach. Man wisse zwar um die entsprechenden Sorgen der städtischen Kämmerer, aber »die Situation ist nicht die Schuld der Kolleginnen und Kollegen oder einer aus dem Ruder laufenden Einkommensentwicklung. Die Verantwortung hierfür liegt beim Bund und vor allem bei den Ländern, die die Städte und Gemeinden finanziell ausbluten.«

Die Verhandlungen betreffen unter anderem Erzieherinnen, Krankenschwestern, Busfahrer, Altenpflegerinnen, Feuerwehrleute, Müllwerker und etliche andere Berufe. Vor dem Verhandlungsort in Potsdam kamen am Mittwoch zahlreiche Beschäftigte zusammen, um ihren Forderungen Druck zu verleihen. »Gerade, wenn die Inflation ja so dermaßen hoch ist, müssen wir auch irgendwo ein bisschen mehr verdienen. Und mir ist halt auch ganz wichtig, dass die Auszubildenden hier im Fokus stehen, also auch mehr Geld bekommen«, sagte Erzieher André Kuhr. Die Inflation sei spürbar.

© dpa-infocom, dpa:230221-99-687431/8