Die islamistischen Taliban haben in Afghanistan Frauenrechte erneut drastisch beschnitten: Frauen dürfen ab sofort keine Universitäten mehr besuchen. In einer Regierungserklärung wurden alle privaten und öffentlichen Universitäten angewiesen, das Bildungsverbot bis auf weiteres durchzusetzen.
Die Mitteilung wurde vom Ministerium für Höhere Bildung geteilt und liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Unterzeichnet wurde die Erklärung vom amtierenden Minister Scheich Neda Mohammed Nadim. Eine Begründung gab es nicht. Der Minister soll dem Taliban-Führer Haibatullah Achundsada nahestehen.
Seit ihrer Machtübernahme im August 2021 haben die Islamisten Frauenrechte massiv eingeschränkt. Mädchen und Frauen sind vom öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen. Auch weiterführende Schulen ab der siebten Klasse sind für Mädchen seit dem Machtwechsel geschlossen. In dem Land ist Frauen seit kurzem sogar der Besuch in öffentlichen Parks und Fitnessstudios untersagt.
»Beschämende Entscheidung«
Nur wenige Stunden vor der Ankündigung beklagte die neue UN-Sondergesandte für Afghanistan, Rosa Otunbajewa, bei einer Rede in New York eine Verschärfung des Taliban-Regierungskurses. »Wir haben eine Reihe von Einschränkungen erlebt, die besonders für Frauen schädlich sind«, sagte Otunbajewa. »Ihr sozialer Raum wird nun ebenso eingeschränkt wie ihr politischer Raum.«
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) nannte das Verbot eine »Beschämende Entscheidung«. Die Taliban machten jeden Tag deutlich, dass sie die Grundrechte der Afghanen, insbesondere der Frauen, nicht respektierten, schrieb HRW auf Twitter.
Die US-Regierung drohte den Islamisten mit Konsequenzen. Die »unerwartete, inakzeptable Haltung« werde erhebliche Folgen für die Taliban haben, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price.
Hoffnung auf moderaten Kurs rasch zerstört
Es gibt immer wieder internationale Kritik an der Politik der Taliban. Dennoch hält die Gruppe trotz interner Meinungsverschiedenheiten an ihrem Kurs fest. Dabei hatten die Islamisten noch vor ihren militärischen Erfolgen im vergangenen Jahr, die schließlich zum Sturz der vom Westen gestützten Republik unter dem Präsidenten Aschraf Ghani führten, einen moderaten Kurs versprochen. Einige Experten warnten jedoch früh vor diesen Ankündigungen.
Die Taliban haben seit ihrer Machtübernahme im August 2021 neben Frauen- auch Freiheits- und Medienrechte eingeschränkt. Beobachter werfen ihnen zudem gezielte Racheaktionen und Tötungen unbequemer Kritiker vor. Die humanitäre Lage im Land hat sich massiv verschlechtert. Millionen Menschen sind auf Unterstützung und Lebensmittelhilfen angewiesen. In dem Land gibt es zudem weiter regelmäßig Terroranschläge, die oft die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich reklamiert.
© dpa-infocom, dpa:221220-99-972811/4