Die Opposition hat Familienministerin Lisa Paus (Grüne) im Bundestag vorgeworfen, mit der Kindergrundsicherung die Situation für Familien komplizierter zu machen.
»Sie sagen ein Amt für alle, das stimmt aber nicht. Die Ärmsten müssen weiter mindestens zur Familienkasse und zum Jobcenter gehen«, sagte Linken-Politikerin Heidi Reichinnek im Bundestag. »Das macht alles viel komplizierter.« Es drohe, dass Leistungen, die den Familien zustünden, wieder nicht abgerufen würden. Das Parlament debattierte in erster Lesung über den Gesetzentwurf.
»Vielleicht kennen Sie Ihren eigenen Gesetzentwurf nicht«
Einen ähnlichen Ton schlug die stellvertretende CDU-Vorsitzende, Silvia Breher, an. »Es gibt nur noch eine einzige Anlaufstelle, sagen Sie, Frau Ministerin«, sagte Breher. »Vielleicht kennen Sie Ihren eigenen Gesetzentwurf nicht. Kinder leben nicht alleine, sondern in der Familie.« Eltern von Kindern im Bürgergeldbezug blieben im Jobcenter. »Die Kinder stellen dann die Anträge bei der Familienkasse. Bildung und Teilhabe bleibt aber in kommunaler Zuständigkeit«, sagte Breher.
Paus hatte zuvor von einem »wirklichen Systemwechsel« durch die Kindergrundsicherung gesprochen. »Wir führen alle wesentlichen kindbezogenen Leistungen zusammen, die Familien zustehen. Sie werden künftig über eine einzige Stelle berechnet, über den neuen Familienservice, zu dem die Familienkassen umgebaut werden«, sagte die Grünen-Politikerin.
Kindergrundsicherung als Herzensprojekt der Ampel-Regierung
Die Kindergrundsicherung gilt als das sozialpolitische Herzensprojekt der Ampel-Regierung und soll verschiedene finanzielle Leistungen wie Kindergeld, Bürgergeld, Sozialhilfe, Kinderzuschlag und Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets zusammenführen. Dadurch sollen bessere Chancen für Kinder und Jugendliche geschaffen und mehr Familien mit Unterstützungsbedarf erreicht werden. Der Antrag auf Kindergrundsicherung soll einfach und digital möglich sein.
In der Bundesregierung war das Projekt lange umstritten. Finanzminister Lindner und Paus hatten monatelang um die Finanzierung der Kindergrundsicherung gerungen - sich schließlich auf zunächst 2,4 Milliarden Euro Mehrkosten geeinigt.
© dpa-infocom, dpa:231109-99-878386/3