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Stoltenberg: Größte Eskalation seit Beginn des Kriegs

Auch die Nato verurteilt die Annexion ukrainischer Gebiete scharf. »Nichts davon zeugt von Stärke«, sagt Generalsekretär Stoltenberg. Die Ukraine müsse vom Militärbündnis weiter unterstützt werden.

Jens Stoltenberg
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußert der Militärallianz in Brüssel. Foto: Olivier Matthys
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußert der Militärallianz in Brüssel.
Foto: Olivier Matthys

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat das jüngste Vorgehen Russlands im Krieg gegen die Ukraine als schwerste Eskalation seit Beginn der Invasion am 24. Februar bezeichnet. »Das ist ein entscheidender Moment«, sagte der Norweger in Brüssel.

Er verwies auf die Teilmobilisierung Russlands, nukleares Säbelrasseln und die unrechtmäßige Annexion ukrainischer Gebiete. »Nichts davon zeugt von Stärke. Es zeigt Schwäche«, sagte Stoltenberg. Dies sei ein Eingeständnis, dass der Krieg nicht nach Plan verlaufe und Russlands Präsident Wladimir Putin bei seinen strategischen Zielen völlig versagt habe.

Den Befürchtungen eines russischen Atomschlags sollte Stoltenberg zufolge nicht nachgegeben werden. Putin hatte am Nachmittag gesagt, Russland wolle Militärschläge in annektierten Gebieten von nun als Angriffe gegen das eigene Staatsgebiet werten. Er wiederholte die Drohung, »mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln« zu reagieren.

Nato-Generalsekretär: Akzeptieren keine nukleare Erpressung

Stoltenberg betonte, wenn man die Annexion durch Russland akzeptiere und sich vom nuklearen Säbelrasseln davon abhalten lasse, die Ukraine zu unterstützen, dann akzeptiere man nukleare Erpressung. Vielmehr müsse man die Ukraine weiter unterstützen. Wenn man Putin gewinnen lasse, höre die Ukraine auf, als souveräne Nation zu existieren. Doch auch für die Nato-Staaten sei dies gefährlich. Es sei nicht so, dass Untätigkeit kein Risiko sei. Untätigkeit sei vielmehr ein großes Risiko, weil dadurch eine Welt geschaffen werde, in der Putin sehe, dass er ungestraft militärische Gewalt anwenden könne.

»Russland muss verstehen, dass ein Atomkrieg niemals gewonnen werden kann und niemals geführt werden darf.« Zugleich warnte Stoltenberg Russland mit ernsthaften Konsequenzen, falls es Atomwaffen nutze. Dies sei Moskau deutlich mitgeteilt worden. Zugleich bekräftigte Stoltenberg, dass die Nato keine Konfliktpartei sei.

Zur Annexion von vier teilweise besetzten Gebieten in der Ukraine durch Moskau sagte Stoltenberg: »Die Nato-Bündnispartner erkennen kein einziges dieser Gebiete als Teil Russlands an und werden dies auch in Zukunft nicht tun.« Man rufe alle Staaten dazu auf, die unverhohlenen Versuche Russlands zurückzuweisen, Territorien zu erobern.

Nato-Beitritt der Ukraine? - »Tür bleibt offen«

Nach dem Aufnahmeersuchen der Ukraine betonte Stoltenberg die Politik der offenen Tür des Bündnisses. »Wir haben immer wieder erklärt, dass die Tür der Nato offen bleibt«, sagte der Generalsekretär auf die Frage, ob die Nato erwäge, dem Ersuchen der Ukraine nachzukommen. Kiew hatte zuvor mitgeteilt, dass es den Beitritt zur Nato beantragen wolle.

Jede Demokratie in Europa habe das Recht, einen Antrag auf Nato-Mitgliedschaft zu stellen, betonte Stoltenberg. Dies werde von den Verbündeten respektiert. Eine Entscheidung müsse aber von allen Mitgliedstaaten im Konsens getroffen werden. Derzeit konzentriere man sich auf die unmittelbare Unterstützung der Ukraine. »Das ist das Hauptaugenmerk und die Hauptanstrengung der Nato-Verbündeten«, so Stoltenberg.

Mehr Datenaustausch nach Nord Stream-Angriff

Auf die Explosionen an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 reagieren die Nato-Staaten mit intensiverem Datenaustausch. »Wir verstärken den Austausch von Erkenntnissen und Informationen«, sagte der Norweger. Man werte bereits Daten der vergangenen Wochen aus, um mehr über die Angriffe in Erfahrung zu bringen.

Grundsätzlich seien militärische Präsenz, das Sammeln sowie der Austausch von Daten und die Überwachung der Infrastruktur die wichtigsten Maßnahmen, um ähnliche Angriffe auf kritische Energieinfrastruktur zu verhindern, so Stoltenberg.

© dpa-infocom, dpa:220930-99-962604/2