Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Menschen in Deutschland auf schwierigere Zeiten und Einbußen infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine vorbereitet.
»Es kommen auch auf uns in Deutschland härtere Tage zu«, sagte er am Sonntag in einer Videobotschaft für ein Konzert für Freiheit und Frieden der Berliner Philharmoniker im Schloss Bellevue. Die verhängten scharfen Sanktionen brächten diese unvermeidlich. »Wir werden bereit sein müssen, sie zu tragen, wenn unsere Solidarität nicht nur Lippenbekenntnis sein, wenn sie ernst genommen werden soll.«
»Und die ganze Wahrheit ist: Viele Härten liegen erst noch vor uns«, sagte Steinmeier. Trotz aller laufenden diplomatischen Bemühungen um eine Beendigung des Krieges gelte: »Unsere Solidarität und unsere Unterstützung, unsere Standhaftigkeit, auch unsere Bereitschaft zu Einschränkungen werden noch auf lange Zeit gefordert sein.«
Kleine Besetzung im großen Saal
Das renommierte Orchester mit Musikerinnen und Musiker auch aus der Ukraine, Russland und Belarus spielte in kleiner Besetzung im Großen Saal des Amtssitzes des Bundespräsidenten Werke ukrainischer, russischer und polnischer Komponisten. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk empörte sich jedoch darüber, dass nur russische Solisten - darunter der Pianist Jewgeni Kissin - auftraten. »Ein Affront. Sorry, ich bleibe fern.«, schrieb er auf Twitter.
Die Sprecherin des Bundespräsidenten, Cerstin Gammelin, bedauerte dies auf Twitter. Das Konzert biete die Möglichkeit eines gemeinsamen Zeichens für die Ukraine. »Es ist schade, dass wir dieses Zeichen nicht gemeinsam senden können.« Gammelin wies darauf hin, dass im Zentrum des Programms der bedeutende ukrainische Komponist Valentin Silvestrov stehe, der im hohen Alter von 84 Jahren soeben selbst aus seiner Heimat geflohen sei. Silvestrov spielte im Anschluss an das offizielle Konzert auf dem Flügel eine aktuelle Komposition, in der er die Eindrücke seiner Flucht verarbeitet hat.
Melnyk schrieb auf Twitter zur Stellungnahme von Sprecherin Gammelin: »Mein lieber Gott, wieso fällt es dem Bundespräsidenten so schwer zu erkennen, dass solange russische Bomben auf Städte fallen und Tausende Zivilisten Tag und Nacht ermordet werden, wir Ukrainer keinen Bock auf «große russische Kultur» haben. Basta.«
Der russische Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko, musste krankheitsbedingt kurzfristig absagen. Für ihn leitete Nodoka Okisawai das Orchester. Der Bundespräsident und seine Frau Elke Büdenbender konnten infolge einer Corona-Erkrankung das Konzert ebenfalls nur am Fernsehgerät verfolgen. Steinmeier sprach daher in einer Videobotschaft zu den Gästen.
»Es sind furchtbare Tage und Wochen. Wir alle sind erschüttert, wir sind entsetzt über das, was in der Ukraine geschieht«, sagte er. Steinmeier erinnerte daran, dass er in der Rede nach seiner Wahl Mitte Februar den russischen Präsidenten Wladimir Putin davor gewarnt habe, die Stärke der Demokratie zu unterschätzen. »Heute wissen wir: Er hat sie unterschätzt.« Steinmeier dankte allen Bürgern für ihre Solidarität mit den Ukrainern, die aus ihrem Land fliehen.
»Es herrscht Krieg in Europa«
Der Bundespräsident zeigte Verständnis für die bei vielen Menschen aufkommenden Ängste. »Bei den Älteren treten tiefe, grauenvolle Erinnerungen hervor, bei den Jüngeren ein nie für möglich gehaltenes Erschrecken: Es herrscht Krieg in Europa.« Niemand könne diese Ängste einfach wegnehmen. »Aber wir können der Angst etwas entgegensetzen: unsere Wehrhaftigkeit und unsere Mitmenschlichkeit, unseren Willen zum Frieden und den Glauben an Freiheit und Demokratie, die wir niemals preisgeben, die wir immer verteidigen werden.«
Er wisse, dass der Glaube an Freiheit und Demokratie allein keinen Panzer aufhalte. »Aber ich weiß auch dies: Kein Panzer kann diesen Glauben jemals zerstören. Keine Armee, kein Unterdrückungsregime ist stärker als die Strahlkraft von Freiheit und Demokratie in den Köpfen und Herzen der Menschen«, sagte Steinmeier.
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