Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich dafür ausgesprochen, die Verantwortlichen für das »menschenverachtende Vorgehen« des Staates gegen Demonstrierende im Iran zu belangen.
»Es ist wichtig, dass die jüngsten Menschenrechtsverletzungen im Iran von unabhängigen Experten untersucht werden, damit die Verantwortlichen eines Tages auch zur Rechenschaft gezogen werden können«, sagte Steinmeier nach einem Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern der iranischen Zivilgesellschaft im Schloss Bellevue.
»Genau beobachten, was im Iran geschieht«
»Die mutigen Proteste im Iran führen in diesen Tagen der ganzen Welt vor Augen, dass die Sehnsucht nach Freiheit nirgendwo zu ersticken ist«, sagte Steinmeier. »Wir müssen genau beobachten, was im Iran geschieht.« Der Bundespräsident forderte: »Wir dürfen nicht aufhören, unsere Stimme zu erheben gegen diese menschenverachtende Gewalt des iranischen Regimes.« Er kritisierte auch die erste bekannte Exekution eines Demonstranten. »Die Berichte über das menschenverachtende Vorgehen des iranischen Regimes gegen die eigene Bevölkerung erschüttern mich und viele andere Menschen in unserem Land.«
Irans Außenminister wirft Deutschland Terrorförderung vor
Aus Teheran kamen unterdessen scharfe Töne. Der Kampf gegen Terrorismus, Gewalt und Hassreden seien unzweifelhafte internationale Aufgaben, schrieb Außenminister Hussein Amirabdollahian am Freitag auf Twitter. »Es ist heuchlerisch, dass Deutschland dies als rote Linien für sein Territorium und seine Sicherheit betrachtet, aber dieselben unheilvollen Phänomene im Iran anstiftet und unseren legitimen Kampf gegen sie verlogen anprangert.« Auch Präsident Ebrahim Raisi verteidigte den harten Kurs der politischen Führung.
Amirabdollahian reagierte mit seiner Aussage auf Kritik von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Sie hatte die Vollstreckung der Todesstrafe gegen einen Demonstranten am Donnerstag als menschenverachtend kritisiert und eine harte Reaktion der Europäischen Union angekündigt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnete das Verfahren zum Todesurteil als »unfairen Scheinprozess«. Nach Ausbruch der Proteste im Iran hatte sich der Ton zwischen Berlin und Teheran jüngst verschärft.
Irans politische Führung wirft dem Westen vor, die bald drei Monate andauernden systemkritischen Proteste anzufachen. Beobachter sehen darin auch ein Manöver, um von den eigentlichen Ursachen der Aufstände abzulenken. Während inzwischen nach Angaben von Menschenrechtlern mehr als 475 Demonstranten getötet wurden, geht auch die Justiz mit hartem Kurs gegen Protestteilnehmer vor. Immer wieder werden sie von der Staatsführung als Terroristen oder Krawallmacher bezeichnet.
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