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Steinmeier in Tirana: »Europa freut sich auf Albanien«

Bundespräsident Steinmeier macht bei seiner Reise auf den Westbalkan deutlich, dass er diese Länder in der EU sehen will. In Tirana lobt er Albaniens Reformanstrengungen. Es müsse aber noch mehr passieren.

Steinmeier in Albanien
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält vor den Abgeordneten im Parlament von Albanien ein Rede. Foto: Bernd von Jutrczenka
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält vor den Abgeordneten im Parlament von Albanien ein Rede.
Foto: Bernd von Jutrczenka

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Albanien für die geplante Aufnahme in die EU zu weiteren Reformen ermutigt und dafür deutsche Hilfe zugesagt. Er wisse, dass der Weg Albaniens in die Europäische Union anspruchsvoll bleiben werde, sagte er in einer Rede vor dem Parlament in Tirana.

»Ich bitte Sie heute: Arbeiten Sie weiter an der Bekämpfung von Missständen, wo sie noch vorhanden sind, arbeiten Sie weiter am Zurückdrängen der Korruption und der organisierten Kriminalität, führen Sie die Justizreform fort.«

Albanien könne sich dabei wie bisher auf Deutschlands Unterstützung verlassen, betonte der Bundespräsident, der den Abgeordneten zugleich versicherte: »Europa freut sich auf Albanien.« Das Land sei heute schon ein »standhafter, verlässlicher Partner«, wie es als Mitglied von Nato und OSZE sowie aktuell als nicht ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates beweise. Auch habe sich das Land nach dem Angriff Russlands klar auf die Seite der Ukraine gestellt. Es habe sich »international längst als reife Demokratie bewährt«.

Warten auf EU-Beitritt dauert schon 20 Jahre

Der bis zu diesem Freitag dauernde Besuch ist die zweite Station auf Steinmeiers Westbalkan-Reise nach Nordmazedonien. Alle sechs Staaten - dazu gehören noch das Kosovo, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro - warten sei fast zwei Jahrzehnten auf den EU-Beitritt.

Sie fürchten, dass nun die Ukraine und Moldau, die nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs sehr schnell von der EU den Status von Beitrittskandidaten erhielten, an ihnen vorbeiziehen könnten. Für Albanien und Nordmazedonien begannen die Beitrittsverhandlungen offiziell im vergangenen Juli.

Staatspräsident Begaj: Zutiefst dankbar

Steinmeier war am Vormittag in der Hauptstadt Tirana eingetroffen und führte hier zunächst ein Gespräch mit Staatspräsident Bajram Begaj. Dieser nannte Deutschland anschließend einen »unersetzlichen Partner, der uns auf allen Ebenen unterstützt hat«. In seinem sechsminütigen Statement überschlug sich Begaj geradezu mit Dankesbekundungen. »Ich möchte die Gelegenheit nutzen, unsere Dankbarkeit, tiefe Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen für die Großzügigkeit des deutschen Volkes, der Bundesregierung, für die ausgezeichneten Beziehungen.«

Auch Steinmeier geizte nicht mit Komplimenten: »Albanien ist ein wichtiger Freund und Partner der Europäischen Union und besonders auch Deutschlands.« Der Bundespräsident würdigte die bisherigen Anstrengungen des Landes - etwa bei der Reform des Justizwesens und beim Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität.

Überprüfung auf Korruptionsverdacht mit Folgen

Zugleich betonte er: »Nachhaltige Fortschritte in diesen Bereichen sind entscheidend für den EU-Beitrittsprozess, weil die EU sich eben als Rechtsgemeinschaft versteht, und Rechtsstaatlichkeit Grundlage für funktionierende Demokratie ist.«

Wie schwierig dies in der Praxis ist, zeigte sich bei der Überprüfung von Richtern und Staatsanwälten in Albanien auf Korruptionsverdacht: 300 von 500 fielen durch oder traten gleich freiwillig zurück. Auch Korruptionsverfahren gibt es inzwischen. Das alles sind aus deutscher Sicht einerseits Belege dafür, dass Albanien es ernst mit Reformen meint, andererseits aber weitere Anstrengungen nötig sind.

Über mangelnde Aufmerksamkeit jedenfalls können sich die Staaten des Westbalkans derzeit nicht beklagen. Nach dem Bundespräsidenten wird am Dienstag der Bundeskanzler in Tirana erwartet, wenn die EU hier einen Westbalkan-Gipfel abhält. Auch da wird es wohl um Erreichtes und weiter Nötiges im Reformprozess der sechs Staaten gehen. Albanien und Nordmazedonien »sind die Länder, die mit Stolz auf diesem Westbalkan-Gipfel auftreten können«, sagte Steinmeier in Tirana. Denn sie hätten bereits einen »entscheidenden Meilenstein« auf dem Weg Richtung Europa geschafft.

© dpa-infocom, dpa:221201-99-736125/7