Die Staatsanwaltschaft Köln hat ihre Ermittlungen gegen Kardinal Rainer Maria Woelki ausgeweitet. Dies gehe auf die Strafanzeige einer Privatperson zurück, die dem Kölner Erzbischof Meineid vorwerfe, sagte Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.
Die Anzeige werfe Woelki vor, in seiner beeideten Aussage vor dem Kölner Landgericht im März unrichtige Aussagen gemacht zu haben. Die Staatsanwaltschaft habe einen Anfangsverdacht in dieser Hinsicht bejaht und den neuen Aspekt mit dem schon laufenden Verfahren gegen Woelki verbunden, sagte Willuhn.
Bereits seit November laufen gegen Woelki strafrechtliche Ermittlungen. Untersucht wird der Vorwurf der falschen Versicherung an Eides statt. Dabei geht es um die Frage, wann Woelki von Missbrauchsvorwürfen gegen den früheren Sternsinger-Chef Winfried Pilz gewusst hatte. Woelki hat sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen.
Kenntnisse in einem Brief an Kardinal bestätigt
Nach einem Bericht des »Kölner Stadt-Anzeiger« macht der Erstatter der Strafanzeige darauf aufmerksam, dass Woelki 2018 einen Brief an den Präfekten der römischen Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria, gerichtet habe. Darin schildere er ihm Vorwürfe und Verdachtsmomente gegen einen Priester, den er im Jahr zuvor in eine leitende Stellung befördert hatte. Woelki erwähne in seinem Schreiben auch, dass das Erzbistum von einem sexuellen Kontakt zwischen dem Priester und einer bestimmten Person Kenntnis erhalten habe. In seiner Aussage vor Gericht habe Woelki hingegen versichert, von den Vorwürfen dieser Person nichts zu wissen, so der Anzeigen-Ersttatter.
Das Erzbistum Köln hatte dazu dem »Kölner Stadt-Anzeiger« mitgeteilt, Woelki habe den Brief nach Rom zwar abgezeichnet, könne sich aber nicht erinnern, ihn auch gelesen zu haben. Der Brief sei vom Kölner Kirchengericht »inhaltlich alleine und selbstständig in eigener Verantwortung erstellt« worden.
Keine Erinnerung an den Brief
Am Dienstag teilte das Erzbistum mit, man habe die Mitteilung der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis genommen. »Nun gilt es, das Ergebnis der Untersuchungen abzuwarten«, so das Erzbistum. »Kardinal Woelki bleibt dabei, dass er die Dokumente, um die es im Verfahren geht, zum Zeitpunkt des Verfahrens nicht kannte. Auch an Einzelheiten eines Briefs an den Vatikan, der auf die betreffenden Dokumente Bezug nimmt, kann er sich nicht erinnern.« Er unterstütze ausdrücklich die Aufklärung und Aufarbeitung des Sachverhalts durch die Staatsanwaltschaft.
Das Verfahren, in dem Woelki im März vor Gericht ausgesagt hatte, war im April mit einem Erfolg für ihn zu Ende gegangen. Das Gericht entschied, dass die »Bild«-Zeitung bestimmte Äußerungen im Zusammenhang mit der umstrittenen Beförderung des Pfarrers nicht mehr verbreiten dürfe.
Woelki steht seit längerer Zeit unter Druck und wird unter anderem wegen seines Umgangs mit Missbrauchsvorwürfen kritisiert. Papst Franziskus hatte ihn aufgefordert, ein Rücktrittsgesuch bei ihm einzureichen. Bis heute hat der Papst aber noch nicht darüber entschieden, ob er dieses Gesuch auch annimmt.
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